Im März 2014 kommt der Film über die spektakuläre Raubserie mit Nadeshda Brennicke und Charly Hübner in die Kinos

Hamburg/Bad Segeberg. Mitte der 60er-Jahre arbeitete sie als Hilfskraft in einer Hamburger Tapetenfabrik, wohnte mit ihren gut 30 Jahren noch bei ihren Eltern im Kinderzimmer – und sehnte sich nach der großen Welt, die sie aus bunten Illustrierten kannte. Und dann kam Hermann. Mit dem Räuber überfiel sie 19 Banken und machte Schlagzeilen. Die Medien nannten die stets höfliche und chic gekleidete Unbekannte, die später im Gefängnis ihren Komplizen heiratete, die „Banklady“. Aus dem heute fast vergessenen Fall der Gisela Werler schuf Erfolgsregisseur Christian Alvart („Fall 39“, „Tatort“) den gleichnamigen Kriminal-, Liebes- und Freiheitsfilm mit Nadeshda Brennicke in der Titelrolle.

Vor wenigen Tagen bejubelte das Publikum der Premiere beim Hamburger Filmfest. „Wir hatten Glück“, sagte der Regisseur nach der Vorführung, „das Leben hat die Geschichte scheinbar fürs Kino entwickelt und geschrieben. Viele Dinge hätte ich mich nicht getraut zu erfinden.“

Dazu zählte er etwa die Erschießung eines anderen Gangsters durch die Polizei aufgrund einer Verwechselung oder auch den letzten, spektakulären Überfall in Bad Segeberg, bei dem der Kassierer das Geld immer wieder an sich nimmt.

In der Kreisstadt war es zum Showdown gekommen, als Werler und ihr Herrmann am 15. Dezember 1967 die Sparkasse an der Oldesloer Straße in Bad Segeberg überfielen. Hermann Wittorf bedrohte am 25 Menschen mit der Maschinenpistole. Gisela Werler blieb wie immer, wie es ihre Art war, höflich und fragte Kassierer Lothar B.: „Würden Sie bitte alles Geld einpacken?“ Doch Lothar B. legte nur zögerlich die Scheine auf den Tresen. Hermann W. verlor die Nerven und stieß ihm den Lauf der Waffe in den Bauch. Gisela Werler riss 100.000 Mark an sich, die Scheine flogen, dann rief jemand "Überfall! Überfall!"

Auf der Flucht feuerte Wittorf auf vier junge Bankangestellte. Eine Frau brach schwer verletzt zusammen. Mit einem gestohlenen VW Käfer waren die Räuber wie bei den anderen Überfällen gekommen. Jetzt flüchteten sie in dem schwarzen Volvo mit dem Taxischild, doch der Polizei gelang es, das Fahrzeug mit Streifenwagen zu blockieren. Wittorf versuchte, erneut zu schießen, doch das Magazin fiel heraus. Die Beamten überwältigten Gisela Werler und ihren Komplizen. Schon vor dem Überfall hatte das Paar sich geeinigt, dass dieser Coup ihr letzter sein sollte. Mit einer Festnahme hatten sie jedoch nicht gerechnet.

Selbst wenn sie bei diesem Actiondrama à la Bonnie & Clyde nur wenig frei erdichtet haben – die beiden Autoren Christoph Silber und Kai Hafemeister leisteten erfolgreiche Arbeit. So wurde die „Banklady“ in der Filmfest-Sparte „Nordlichter – Filme aus dem Norden“ bereits für den Montblanc-Drehbuchpreis nominiert. Weltstar Isabella Rossellini hat die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung zum Festivalabschluss am 5. Oktober, überreicht.

Ende März 2014 soll die aktionsreiche Produktion, in der auch Charly Hübner, Ken Duken, Heinz Hoenig, Andreas Schmidt und als Erotikclub-Gast Heinz Strunk mitwirken, in die Kinos kommen. Weltpremiere hatte „Banklady“ auf dem 21. Filmfest Hamburg. Im größten Saal des CinemaxX-Kinos am Dammtor bejubelte das Publikum den Film und die Macher vom Set, darunter Alvart und Brennicke sowie die Drehbuchautoren.

Auf der Premiere erinnerte Alvart daran, dass es damals im Bundesgebiet extrem viele Banküberfälle gegeben habe – „mehr als 3000 im Jahr. Die Bankangestellten waren wirklich angepisst – die wollten nicht mehr“, meinte der Filmmann. Hauptdarstellerin Brennicke („Dampfnudelblues“) wurde auch als geistige Urheberin des Projekts gefeiert.

Im Internet hatte sie eine NDR-Doku von 2007 über die 2003 mit 69 Jahren gestorbene Werler und ihren Ehemann Hermann Wittorff gesehen und für einen Spielfilm gekämpft. Zuvor hatte es den preisgekrönten Animationsfilm „Gisela“ (2007) von Katja Baumann gegeben. Für ein angebliches Motiv der immer mit Perücke und Sonnenbrille verkleideten Räuberin – die Liebe zu ihrem Komplizen – zeigte Brennicke in Hamburg augenzwinkernd fast ein wenig Verständnis. Bis zum Ende von Werlers Leben hielt deren Ehe mit ihrem Hermann. Der größte Teil der Beute – insgesamt rund 400.000 Deutsche Mark – wurde nie gefunden.