Die Muschel aus Marmor im Regenrückhaltebecken im Ortsteil Harksheide muss vorerst auf ihre obere Hälfte verzichten

Norderstedt. Sie haben es nicht leicht, die Figuren und Skulpturen in Norderstedt. Die einen werden vom Sockel geholt, abgesägt, weil sie nicht nur äußerlich, sondern auch im Innern mit viel Bronze viel Geld versprechen. Andere verlieren ihre obere Hälfte und müssen mit offenem Hals auf dem Wasser schwimmen. Im ersten Fall ist nun ein Happy End in Sicht. Für den zweiten wird noch eine Lösung gesucht.

Der erste Fall: Die Stelzenläufer, die an der Tangstedter Landstraße/Ecke Mittelstraße gegenüber dem Busbahnhof standen. Der holländische Künstler Fred Tuyman aus Norderstedts Partnerstadt Zwijndrecht hatte das Mädchen und den Jungen auf ihren Stelzen 1986 beim dritten Internationalen Symposium bildender Künstler in Norderstedt gearbeitet. Die Stadt kaufte es für 25.000 D-Mark an. Fast ein Vierteljahrhundert standen sie an der Mittelstraße, dann der Schock. Die hohen Metallpreise animierten böse Buben, alles zu stehlen, was Profit versprach. In der Nacht vom 28. auf 29.Oktober 2012 gerieten auch die Stelzenläufer ins Visier der Diebe und wurden abgesägt.

Doch folgte dem Triumph offenbar schnell die Ernüchterung, denn das Pärchen, das immerhin zusammen 240 Kilogramm wiegt, ist innen hohl, der Erlös demzufolge so gering, dass es wohl nicht lohnte, sie weiter zu transportieren. Das Mädchen entdeckten Spaziergänger wenige Wochen später in einem Gebüsch am Wanderweg Am Ochsenzoll nahe dem Rasen des Glashütter Sportvereins.

Der Junge wurde von fürsorglichen Hausmeistern in den Keller eines angrenzenden Wohnblocks geschleppt, wie die Polizei wenig später feststellte. Doch beide trugen reichliche Blessuren davon und müssen restauriert werden. Bis dahin sind sie im Keller des Stadtarchivs gesichert.

„Im Frühjahr werden die Stelzenläufer im Ossenmoorpark aufgestellt“, sagt Gabriele Richter. Die Leiterin des städtischen Kulturbüros ist auch zuständig für Norderstedts Skulpturen-Landschaft und hat mit ihrem Team eine detaillierte Dokumentation über die Bildhauer-Arbeiten veröffentlicht.

„Im Ossenmoorpark werden sie einen guten Platz erhalten und hoffentlich nicht wieder Opfer von Dieben werden“, sagt Richter. Die Idee, die Stelzenläufer erneut abzusägen, dürfte Metalldieben auch schnell vergehen, denn die gesamte Bronze-Skulptur hat zwar einen 80-prozentigen Kupferanteil, der aber bringt nur etwa 200 Euro ein, erfordert aber ein Höchstmaß an Schwerarbeit. Der Bildhauer Fred Tuynman, 1938 in Den Haag geboren, will den Menschen mit seinen Figuren Freude bringen. Seine bevorzugten Motive sind daher auch spielende Kinder.

Der zweite Fall: Die Muschel im Regenrückhaltebecken an der Fritz-Schumacher-Straße/Ecke Langenharmer Weg wird wohl oberkörperfrei bleiben. „Wir sind traurig, dass die Muschel keinen oberen Teil mehr hat, und die Stadt sollte doch endlich etwas unternehmen, damit die fehlende Muschelschale wieder gefunden wird“, sagt Anwohner Heinz Sauer.

Vermutet wird, dass die obere Muschelhälfte ein Opfer von Eis und Sturm wurde und im Teich liegt. Die Muschelhälften lagen so aufeinander, dass sie vom Wind gedreht werden konnten. „Ich habe überlegt, einen Taucher zu bitten, nach der oberen Muschelhälfte im Regenrückhaltebecken zu suchen, doch das Betriebsamt sagte, das Wasser sei zu sehr mit Sedimenten versetzt, man würde nichts sehen können“, sagt Richter. „Sollte allerdings das Wasser einmal abgelassen werden, dann hätten wir eine Chance, die zweite Hälfte zu finden“, sagt die Kulturbüro-Leiterin.

Die Muschel wurde vom Peruaner Isidor Gutierrez beim ersten Internationalen Bildhauer-Symposium 1976 in Norderstedt gearbeitet und besteht aus Carrara-Marmor. Im Gegensatz zu den Stelzenläufern war sie preiswert. Die Stadt Norderstedt zahlte dafür nur 3500 D-Mark.

Der Katalog „Kunst im öffentlichen Raum in Norderstedt“ umfasst 60Seiten mit Farbfotos. Es gibt ihn für drei Euro unter Telefon 040/53595190 oder unter gabriele.richter@norderstedt.de per E-Mail.