Blitzmarathon – Polizei ist zufrieden mit der Aktion. Nur wenige Autofahrer waren zu schnell unterwegs

Norderstedt. Immer wieder guckt Polizeikommissarin Larissa Büntjen gespannt durch ihr Laveg-Lasermessgerät und nimmt die ihr am Glashütter Damm entgegenkommenden Autofahrer aus knapp 400 Metern Entfernung ins Visier. Mit dem Klemmbrett in der Hand, den Stift schon gezückt, wartet Protokollführerin Antje Koppelmann genauso erwartungsvoll auf ihren Zuruf wie Steffen Hartung, der bereits die Kelle zur Hand hat, um den vermeintlichen Raser direkt in den Grünen Weg zu winken. Und dann: nichts. Wieder einmal. Stattdessen: Radler, die mit einem Augenzwinkern fragen, ob sie zu schnell seien, und Autofahrer, die mit breitem Grinsen und 30 statt der erlaubten 50 km/h den Glashütter Damm entlang fahren. So mancher streckt den Beamten sogar den erhobenen Daumen entgegen, ob aus Begeisterung über den Blitzmarathon oder aus Freude, der Radarfalle noch einmal entgangen zu sein.

Wenn der Erfolg der erstmals bundesweit durchgeführten und bis heute morgen 6 Uhr andauernden Aktion an der Zahl der erwischten Fahrer gemessen werden würde, wäre der Blitzmarathon ein Reinfall. Weit weniger Raser als bei unangekündigten Kontrollen üblich gingen der Polizei in die Falle. Landesweit lag die sogenannte Beanstandungsquote – also die Quote der Autofahrer, die an den verschiedenen Messpunkten tatsächlich zu schnell unterwegs waren – ersten Schätzungen nach bei rund drei Prozent. Normal sind etwa elf Prozent. Das Phänomen hatte die Polizei im Kreis Segeberg aber vorhergesehen. „Heute haben fast alle gemacht, was sie immer machen sollten“, sagte Polizeisprecherin Sandra Mohr. „Das Ziel haben wir erreicht: Die Leute haben auf ihre Geschwindigkeit geachtet und wir hoffen, dass der Effekt länger anhält.“

Um 10.10 Uhr hatte auch das Team um Polizeioberkommissar Steffen Hartung genug von den braven Autofahrern am Glashütter Damm und packte zusammen. In über drei Stunden hatten sie nur zwei ältere Damen erwischt. Und das obwohl die Polizei regelmäßig von Eltern angerufen wird, die sich ob der vielen Raser um die Sicherheit der Schüler der nahen Grundschule Glashütte sorgen. Aufgrund der Hinweise werde an der Stelle häufig geblitzt, so Hartung. „Die Eltern berichten sogar von Autofahrern, die hier rote Ampeln ignorieren. Das ist in der Nähe einer Schule natürlich besonders gefährlich.“

Am neuen Messpunkt am Henstedter Weg, in unmittelbarer Nähe des SOS-Kinderdorfs, hatten die Beamten jedoch erheblich mehr zu tun: Im Minutentakt winkten sie Auto um Auto heraus. Innerhalb von 40 Minuten erwischte die Polizei gleich zehn Temposünder. „Hier fährt kaum einer 30 km/h“, sagte Hartung. „Die Straße ist gut ausgebaut – und weil die Einfahrt von der Schleswig-Holstein-Straße für Pkw verboten ist, kommt auch so gut wie nie jemand entgegen. Trotzdem sind hier vor allem wegen der Kinder nur 30 km/h erlaubt.“ Eine, die sich nicht an die 30 km/h hielt, war Renate Witt. „Den ganzen Tag habe ich das im Radio gehört und heute Morgen noch mit meinem Mann über die Aktion gesprochen. Und ausgerechnet heute werde ich erwischt“, sagte die 63-Jährige, die mit Tempo 44 gemessen wurde. Gegen den Blitzmarathon habe sie aber nichts. Generell fielen die Reaktionen der Bürger eher positiv aus. Auch die Autofahrer, die erwischt wurden und die Weiterfahrt mit einem Verwarngeld antreten mussten, zeigten mehrheitlich Verständnis.

Besonders freute sich Anja Sonnenschein, die ihren Sohn Jan von der Kindertagesstätte an der Poppenbütteler Straße abholte. Damit die Eltern mit ihren Kindern sicher über die Straße kommen, gibt es bereits eine Unterführung. Zusätzlich erinnerte gestern eine Radarfalle die Autofahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Auch hier fuhren weit weniger Fahrer zu schnell als bei unangekündigten Kontrollen. „Ich finde den Blitzmarathon super. Wenn die Autos zu schnell sind, wird es für die Kinder gefährlich“, sagte Anja Sonnenschein.

Landesweit ist überhöhte Geschwindigkeit immer noch die häufigste Unfallursache. In Norderstedt, wo nur auf der Schleswig-Holstein-Straße wirklich schnell gefahren werden kann, liegen dagegen Vorfahrtsverletzungen ganz vorne. Dennoch appellierte Polizeisprecherin Sandra Mohr an die Autofahrer, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Jeder Kilometer mehr, erhöhe das Risiko, dass es bei einem Unfall Tote gebe.