Thomas Stroux und Doris Gallart zogen die Komödie „Der Quereinsteiger“ erst im zweiten Set aus dem Regen

Norderstedt. Thomas Stroux ist bei vorigen Theater-Aufführungen stets Garant für gute Unterhaltung gewesen. Mit dem Lustspiel „Der Quereinsteiger“ fiel er durch. In Norderstedt zumindest. Abgesehen von den Zuschauern, die beim ersten Abo-Stück im Kulturwerk in der Pause gingen, damit ein deutliches Votum gegen das Stück setzten, aber die bessere zweite Hälfte verpassten, erntete das alberne Geschehen auf der Bühne Unverständnis, und so fiel der Schlussapplaus zwar höflich aus – für die Schauspieler, nicht für die Komödie von Sylvia Hoffmann.

Die Geschichte ist flach und auch so gar nicht neu, bietet aber Platz für aktuelle Pointen, einmal „Aber heute singen die Bundespräsidenten ja nicht einmal mehr vor Gericht“, bezogen auf das Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“, das Walter Scheel trällerte, und auf die Affäre Horst Köhler, zum zweiten mit „Stell Dir vor, ich sitze dort hinterm Schreibtisch ohne Hose, da denken doch alle gleich an Bill Clinton“, wenngleich das auch ein alter Hut ist.

Regisseur Thomas Stroux, der auch die Hauptfigur Johnny Cliff spielt, versucht alles, aus der flachen Komödie eine furiose Nummer zu machen. Schrill wird es, und das nicht nur mit den kreischbunten Kostümen, und laut. Aber mit Lautstärke hat noch niemand ein flaches Lustspiel in eine anspruchsvolle Komödie verwandelt. „Ich hoffe, das kommt beim Publikum an, es wird schrill“, meinte Stroux denn auch beim Fototermin vor der Aufführung.

Es wurde nicht nur schrill, die erste Hälfte war auch noch langweilig. Das Geschehen plätscherte dahin, die Akteure spielten nicht mit-, sondern nebeneinander, und so stellte sich bei einigen Zuschauern das Sandmännchen ein. Nun ist Stroux ein alter Theaterhase, der auch während seines Spiels das Publikum im Auge hat und oben auf der Bühne registriert, wenn sich unten im Parkett und auf dem Rang Langeweile einschleicht.

Im zweiten Set wurde aus den Schauspielern ein Team, das Spiel kam gebündelt und wurde intensiver, das Publikum ließ sich nun gern mitnehmen in die Geschichte um den glücklosen Schnulzensänger Johnny Cliff, seine aufgetakelte Tante Hede, ihren jugendlichen Galan Paolo, die Sänger-Agentin Vera und ein TV-Team. Das bedient alle Klischees vom hippen Fernseh-Fuzzi und ist folglich auch gar nicht mehr so komisch, sondern eher peinlich.

Thomas Stroux und Doris Gallart waren dann doch noch die Garanten für einen lustigen Abend und zogen den Thespiskarren aus dem Regen. Gallart, die auch Stars wie Vanessa Redgrave, Catherine Deneuve und Claudia Cardinale die Stimme lieh, schickt mit ihren 77 Jahren manchen Jungstar von der Bühne. Daneben sieht Petra Liederer, auch eine gestandene Theaterfrau, als Vera blass aus. Michael Fischer begeisterte als Stepp-Tänzer, Gregor Fürnweger gab den TV-Fuzzi Matzke als arroganten Schnösel. Thomas Stroux ist im zweiten Teil ein glaubwürdig gescheiterter Showstar und kitzelt aus seiner Rolle Selbstironie, Selbstmitleid und kindlichen Hoffnungsglauben heraus. Nächstes Mal darf er bitte als König in „Leonce und Lena“ wiederkommen. Das war richtig gutes Schauspiel.