Michael Requardt, der „Firmenretter“, drehte eine Woche lang in Norderstedt

Norderstedt. Martin Eberl hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Mit finanziellen Schwierigkeiten in die Öffentlichkeit zu gehen – das ist nicht jedermanns Sache. Aber er wagte den Schritt und stellte eine Öffentlichkeit her, die größer kaum sein könnte: Anfang November können die Fernsehzuschauer in ganz Deutschland sehen, warum er Probleme bekommen hat, wie groß sie sind und was dagegen getan werden kann. Der Norderstedter Geschäftsmann, der am Langenharmer Weg den Getränkemarkt „Der Durstberater“ betreibt, ist „Star“ in einer der ersten Folgen der neuen ZDF-Reihe „Der Firmenretter“.

In der Fachsprache heißen Sendungen dieser Art Coachingformate. Herr Rach rettet Restaurants, Frau Katzenberger rettet Hochzeiten, Herr Zwegat rettet Überschuldete, Herr Requardt rettet Firmen. Bei aufmerksamem Studium der Programmzeitschriften lassen sich vermutlich noch mehr Retter und Gerettete finden – denn gerettet werden auf diese Weise natürlich auch die Finanzen der TV-Sender. Coachingformate liegen im Trend. Michael Requardt, Rechtsanwalt und Insolvenzexperte aus Köln, kennt das Geschäft: Seit Jahren schon hat er bei verschiedenen Sendern auf unterschiedlichste Weise Menschen geholfen, die finanziell in erhebliche Engpässe geraten sind.

„Der Firmenretter“ startet Anfang November auf ZDFinfo mit fünf Folgen

Manche Sender fanden seine Hilfsangebote nicht so toll und stellten die Senderreihen ein, aber der Kölner, der finanziell eher nicht auf Fernsehhilfe angewiesen ist, bleibt auf Sendung: Seine Reihe „Der Firmenretter“ startet Anfang November auf ZDFinfo mit fünf Folgen à 45 Minuten, etwas kürzere Reportagen werden portionsweise auf verschiedene ZDF-Sendungen verteilt („Reportage“, „WiSo“). Eine Woche lang war Michael Requardt Gast bei Martin Eberl und seinem Getränkemarkt am Langenharmer Weg. Der alteingesessene Betrieb, den Eberl vor drei Jahren übernommen hat, ist in finanzielle Schieflage geraten, weil ein Großeinkäufer Insolvenz angemeldet hat und dadurch die Finanzierung eingebrochen ist. Hinzu kamen die langen und kalten Winter der letzten Jahre, die sich für einen Getränkemarkt auch nicht günstig auswirken, und der Tod beider Elternteile, was eine erhebliche psychische Belastung zur Folge hatte.

Der Geschäftsinhaber wagte den Schritt in die Öffentlichkeit, weil nicht seine Existenz, sondern auch die Existenzen von fünf Mitarbeitern am Erfolg des Geschäftes hängen. Die Verbindlichkeiten sind immerhin auf 140.000 Euro angestiegen. „Das ist alles keine Schande“, sagt Martin Eberl. „Gravierende Fehler habe ich wirklich nicht gemacht.“

So sieht es auch Fachanwalt und TV-Experte Michael Requardt, der zunächst eine Analyse des Unternehmenszustandes erstellte und dann einen strukturierten Plan zur Rettung des Unternehmens mit Hilfe zur Selbsthilfe zusammenbastelte. Mehr positive Signale aussenden, lautet eine seiner Devisen, das äußere Erscheinungsbild ändern, eigene Stärken zeigen. Einige Ideen sind simpel, ob sie effektiv sind, wird sich zeigen: Requardt empfiehlt, eigene Liköre herzustellen, Großmutters Rezepte zu präsentieren und alte Fotos aus Norderstedt auszustellen.

Mit einer innerhalb weniger Tage organisierten Hausmesse, bei der sich Spezialitätenhersteller aus der Region und Lieferanten präsentierten, wurde eine erste Aktion gestartet. Michael Requardt weiß genau, dass eine solche, über Nacht aus dem Boden gestampfte Messe kaum einen Lieferanten begeistern würden, weil er aber das ZDF im Rücken hat, klappt eine solche Aktion.

Für den Kölner Anwalt, der auch Vorsitzender des Bundesverbandes Schuldnerhilfe Deutschland ist, sind die Dreharbeiten mehr als TV-Alltag. „Ich will hier nicht einfach eine Sendung machen, sondern wirklich helfen“, sagt er. „Immerhin steht hier ein Existenz auf dem Spiel.“ Aus nüchternen Zahlen und Fakten eine spannende Sendung zu machen, ist eine Kunst, die der 59 Jahre alte Jurist gelernt hat. Im Übrigen steht ihm mit Monique Liliensiek-Buck eine erfahrene Autorin zur Seite, die auch schon für die Koch-Doku-Soap „Die Küchenchefs“ Drehbücher schrieb.

Ende Oktober wird der Schuldenexperte erneut nach Norderstedt kommen

Für Martin Eberl waren die Dreharbeiten in seinem Geschäft eine besondere Erfahrung. Er musste auf etwas einlassen, was für ihn völlig neu war. „Es gibt Fragen, bei denen man froh ist, wenn sie nicht gestellt werden.“ Aber: Er hat den Schritt in die Öffentlichkeit selbst gewählt und sich an das ZDF gewandt und um Hilfe gebeten. Das war keine leichte Entscheidung, aber er hofft, dass ihm nachhaltig geholfen wurde. „Bei den Dreharbeiten sind Ideen zustande gekommen, auf die ich selbst nie gekommen wäre“, gesteht der Geschäftsmann ein.

Wie erfolgreich die Unterstützung sein wird, können die Fernsehzuschauer direkt erleben: Ende Oktober wird der Schuldenexperte mit seinem Team erneut nach Norderstedt kommen, um zu sehen, ob die Soforthilfemaßnahmen gefruchtet haben oder nicht. Auch ein eventueller Misserfolg würde dann Bestandteil des TV-Beitrages sein.