Der Harksheider Bowlingclub ist mehrals nur ein einfacher Sportverein. Geselligkeit wird großgeschrieben

Der Blick ist starr nach vorne gerichtet. Der glänzende Ball liegt in der Hand, Daumen, Mittel- und Ringfinger greifen in die drei Löcher des Balls. Noch einmal Luft holen. Der Arm schwingt mit der Kugel zurück, vier schritte Anlauf, dann gleitet der Schuh über den geölten Boden. Der Ball fliegt mit Schwung auf die Bahn, dreht sich leicht. Die Kegel kommen immer näher. Der Ball dreht sich, ein Knall, die Kegel purzeln umher. Michael Winkler dreht sich um, lächelt zufrieden. Strike.

Winkler ist ein Fan des Bowlings. Und er ist Vorsitzender des Bowlingvereins Harksheide. „Bei uns steht, trotz aller sportlicher Herausforderungen, der Spaß ganz vorne“, sagt Winkler und zeigt zu den Mitgliedern hinüber, die so wie er im Bowlingcenter in Henstedt-Ulzburg vergnügt einen Ball nach dem anderen über die Bahn rollen lassen. 50 Mitglieder zählt der Verein momentan. Drei Herren-, zwei Damen- und drei Seniorenmannschaften gibt es in dem Club. Eine Jugendmannschaft soll hinzukommen, doch das ist nicht ganz so einfach.

„Bowling kennt zwar jeder, aber als anerkannter Sport fristet es noch ein Schattendasein in Deutschland“, sagt Jan Hoffmeister. Der 50-Jährige muss es wissen. Er ist Sport- und Jugendwart im Verein und zugleich Sportwart des Landesverbandes Schleswig-Holstein. Fußball, Handball, das seien Sportarten, die in Deutschland immer genügend Jugendliche für sich rekrutieren konnten. „Bowling steckt da in Deutschland noch in den Kinderschuhen, dabei ist das nur wenige Kilometer weiter ganz anders“, sagt Hoffmann.

In Dänemark ist Bowling beispielsweise Schulsport und daher weit verbreitet. „Dort sind aber auch, anders als hier, die Bowlingbahnen in Vereinshand oder aber in öffentlicher Hand, während hier die Bahnen von privaten Unternehmen unterhalten werden“, sagt der Bowling-Experte. Aber vielleicht werde sich das ja mal ändern. Dann könnte Bowling vielleicht auch einmal in Deutschland boomen, so wie in Skandinavien und den USA, dem Heimatland des Bowlings.

Bei den Bowlern geht es sehr amerikanisch zu

Überhaupt ist vieles in dem Sport sehr amerikanisch. Die Bahnen kommen bis auf ein Modell von amerikanischen Herstellern, Schuhe auch und Bälle ebenfalls. Deutsche Hersteller, die gibt es so gut wie gar nicht, sagt Hoffmann. Und wenn es mal eine Bahn eines deutschen Herstellers gibt, dann ist das eine sogenannte Bänderbahn – und auf denen trainiert der Verein nicht, denn Bänderbahnen sind für Turniere nicht zugelassen.

„In den USA gibt es nur freistehende Bahnen. Dass diese für Turniere benutzt werden, hat einen einfachen Grund. Bei einer Bänderbahn hängen die Kegel an Fäden. Wenn ein Kegel weggeschossen wird, kann dieser so fallen, dass das Band einen weiteren Kegel umreißt“, erklärt der Sportwart. Bei der freistehenden Bahn ist dies nicht möglich. Jeder Kegel fällt nur um, so wie er angeschossen wird.

Und warum gibt es dann überhaupt Bänderbahnen? Hoffmann: „Die sind günstiger und bequemer, um die Kegel wieder aufzubauen. Bei der freistehenden Bahn muss ein zweiter Satz Kegel vorrätig gehalten werden und ein Transportsystem installiert sein, dass die umgeworfenen Kegel wieder in die Halterung befördert.“

Auch abseits der Bowlingbahn ist das Spiel komplexer, als es zunächst aussieht. Die Bälle werden individuell gefräst, denn jede Hand ist anders. Es gibt Kugeln in denen die Finger tief hineingreifen, das sind meist Anfängerbälle, und es gibt Fingertip-Bälle. Dort halten nur die Fingerkuppen den Ball. Das ermöglicht es den Spielern, dem Ball einen gezielten Drall zu geben. Der ist nötig, um auf der geölten und leicht gebogenen Bahn die Bowlingkugel in einer leichten Kurve rollen zu lassen. „Ideal ist es, wenn der Ball zwischen dem ersten und dritten Kegel in einer Kurvenbewegung hineinrollt. Dann kann man die meisten Pins abräumen“, sagt Hoffmann. Und mit etwas Glück erzielt man dann einen Strike – also alle Zehne.

Damit nicht genug der Besonderheiten. Bowlingschuhe sind ein Muss. Deren glatte Ledersohlen ermöglichen es, dass der letzte Schritt im Gleiten abgeschlossen wird. „Vier, fünf Schritte Anlauf, dann gleiten. Der letzte Schritt entscheidet oft, ob der Wurf gut wird oder im schlimmsten Fall ein Pudel, also null Punkte“, erklärt Hoffmann. Er selbst hat Schuhe, an denen die Sohle sogar austauschbar ist. Je nach dem Zustand der Bahn kann er dann den optimalen Belag aufsetzen und so die Defizite bestimmter Bowlingbahnen ausgleichen.

Speziell ist auch, dass jede Bahn alle drei Jahre einer TÜV-ähnlichen Prüfung unterworfen wird. Stimmt die Neigung? Stimmen die Abstände zwischen Abwurf und Kegeln? Haben auch die Kugeln, die bei der Meisterschaften zum Einsatz kommen, eine Seriennummer und Zulassung bekommen? Ja, sagt Hoffmann, es ist schon sehr bürokratisiert. Aber es sei notwendig, damit es Chancengleichheit bei Turnieren gibt.

Ist also die Ausrüstung das A und O am Spiel? Vereinschef Michael Winkler verneint das. „Wichtig ist vor allem Kondition und Konzentration. Ohne Kondition keine Konzentration und ohne Konzentration keine Punkte“, sagt Winkler. Hoffmann stimmt zu. Wenn man sechs Spiele am Stück gemacht hat, merkt man es sehr deutlich, wie sehr die Konzentration und damit die Leistung im Spiel zurückgeht, wenn die Kondition nicht stimmt.

Der Verein wurde 1984 als „Spaßprojekt“ ins Leben gerufen

Die Harksheider Bowler spielen natürlich um Platzierungen, um Meisterschaften. Und das auch recht erfolgreich. Eine Damenmannschaft hatte es bis in die zweite Bundesliga geschafft, und auch von den anderen Mannschaften habe sich immer wieder eine Gruppe für die Landesmeisterschaften qualifiziert. „Das Meisterschaftsspiel ist bei uns aber kein Muss“, sagt Hoffmann, Schließlich habe der Verein ja auch klein und als Spaßprojekt begonnen.

Im Juli 1984 hatten sich Hoffmeister und sechs andere begeisterte Bowler einfach zusammengetan und den Verein gegründet, um dem lockeren Freizeitspaß etwas mehr Struktur zu geben. „Wir wollten mehr, als nur dann und wann relativ ziellos die Bälle werfen nd haben halt angefangen, das richtig als Sport zu betreiben“, sagt er. Wer jetzt in den Verein hineinkomme, der könne auch nur zum Trainieren kommen und die Meisterschaften außen vor lassen. Niemand sei gezwungen, Punktspiele zu absolvieren.

Für Hoffmann und Winkler war der Verein übrigens nicht nur ein willkommener Ort, um dem Hobby und Lieblingssport zu frönen. Nein, für sie war und ist der Verein auch ein idealer Ort, um neue Freundschaften zu knüpfen. Und wie es der Zufall so will, haben alle beide ihre Frau im Harksheider Verein beim Bowlen kennengelernt. „Das ist für uns natürlich toll. Unsere Frauen teilen unsere Passion und haben überhaupt nichts dagegen, wenn wir mal eben zum Bowlen weg sind. Ganz im Gegenteil, sie unterstützen uns vollkommen und wir sie“, sagt Winkler. Etwas besseres könne einem doch gar nicht passieren, sagt der Vereinschef, grinst und nimmt seinen auf Hochglanz polierten Ball in die Hand. Vier Schritte, gleiten, Wurf - Strike. Das Leben kann so schön sein.

Am nächsten Montag stellen wir den Verein Wanderbewegung Norddeutschland in Segeberg vor.Alle Folgen unserer Serie finden Sie im Internet abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/