Schwermetal bis Hafenblues: Die Musiker der Band Nordward Ho sind Männer in den besten Jahren

Nahe . In der Gemeinde Nahe gibt es nicht nur viele Kühe, hier probt auch in einer kleinen Garage die Band Nordward Ho. Nordward Ho, das sind: Dieter Hahn, 55, Geschäftsführer und Bassist, Michael „Mike“ Boller, 54, Freiberufler und Sänger, Holger Seidel, 49, obwohl nicht der Jüngste, von den anderen Bandmitgliedern als Küken bezeichnet, Trucker-Fahrer und Gitarrist, Mathias Bohné, 54, Unternehmer, Weltenbummler und Schlagzeuger, und Jens-Peter „JP“ Hahn, 48, technischer Redakteur und Gitarrist.

In ihrer erst zweieinhalb Jahre jungen Bandgeschichte sind die Nachwuchs-Rocker im besten Alter längst keine unbekannte Größe im Musikgeschäft mehr. Beim Hamburger Oxmox Bandcontest Anfang September konnten sie immerhin den zweiten Platz verbuchen!

Doch von vorne: Gegründet haben die Rockband die Brüder Jens-Peter und Dieter, die im Jahr 2010 die Suche nach weiteren Bandmitgliedern begannen und diese unter anderem über ein Internetforum fanden. Seit dem Frühjahr 2011 finden in Komplettbesetzung wöchentliche Proben statt, anfangs in einem Wohnzimmer, dann in einem richtigen Proberaum in Nahe.

Nach eigener Aussage machen sie Küstenrock. „Das zeigt auf der einen Seite, wo wir herkommen, wo wir leben und spielen – und auf der anderen Seite wird auch unsere musikalische Hauptschlagrichtung deutlich. Wir sind eine Rockband, die eben auch mal eine Ballade, einen Blues, einen Reggae oder eine Funknummer spielt. Klarer Fall also, Küstenrock“, sagt Jens-Peter.

Der Name ist aus einer Abwandlung des Wikinger Ausrufes „Westward Ho“ entstanden. Der Nähe zu Norddeutschland wegen wurde dieser Ausruf also in Nordward Ho umgewandelt. „Das spricht sich gut und zieht sich auch wie ein roter Faden durch unsere Musik“, sind sich alle einig.

Ihre ausschließlich eigenen Songs mit eigenen, teilweise sehr direkten Texten heißen unter anderem Edeltraut, Hafenblues, Keen een rut, Norddeutsch und Wahre Liebe. Die Songs sind zeitlos, interpretieren Alltagsthemen auf norddeutsche Art und sind so vielseitig wie die Band selbst. Die Musik hat Bezug zu den Menschen und deren Gefühlswelt, die deutschen, teils plattdeutschen Texte beschreiben das Zuhause und die heimische Region.

Alle Bandmitglieder haben vorher in anderen Formationen gespielt, bringen unterschiedliche Musikstile mit, sind viel in der Welt unterwegs – aber eins verbindet sie: der Norden. Hierher kehren alle zurück. Sie lieben die See, die Seeluft, die norddeutsche Lebensart und matschige Füße im Watt. So erzählt der Song Edeltraut beispielsweise von einer Spielart von „Bauer sucht Frau“ via Internet. Ein norddeutscher Mann trifft dabei eine Frau aus Süddeutschland und gewinnt letztlich die Erkenntnis, dass im wahren Leben ohne persönliche Kommunikation doch nix funktioniert. Bereits nach einem viertel Jahr konnten die Band ihren ersten Auftritt absolvieren, nach einem halben Jahr die erste Demo-CD aufnehmen, mittlerweile haben sie viele Gigs hinter sich, eine Promo-CD ist für den Winter geplant, Auftritte für das nächste Jahr stehen fest.

Doch das, was sie bisher am meisten fesselte, mitreißt und im Gespräch immer wieder Gänsehaut aufkommen lässt, war der diesjährige Hamburger Oxmox Bandcontest, bei dem Nordward Ho überraschend den zweiten Platz im Finale erreichen konnte. „Dorthin gepusht haben uns aber erst die Konzerte vorher“, stellt der Schlagzeuger fest. Ganz ungewöhnlich war, dass die Band vom Oxmox-Magazin angeschrieben worden war, mit der Bitte, sich doch zu bewerben.

Die Jungs investierten 40 Euro Startgebühr – und wurden aus mehr als 400 Bands für den Wettbewerb ausgewählt. Letztlich schafften sie es bis ins Finale. In den Vorrunden hatten sie den Eindruck gewonnen, ihre Songauswahl für das Finale optimieren zu müssen. „Man hat da 20 Minuten Zeit auf der Bühne, jede Minute darüber hinaus gibt Strafpunkte“, schildert Holger. Schließlich wählten sie vier Songs, vielmehr vier Geschichten, vier verschiedene Musikrichtungen. 19:49 Minuten brauchten sie dafür in der Probe.

Nordward Ho trat als letzte und mit Abstand älteste Band an diesem Abend vor rund 600 Fans in der Hamburger Markthalle auf, vor ihnen verschiedene Virtuosen, die aber ihrer Meinung nach doch alle ähnlich klangen. „Da fehlen eingängige Beats“, erinnert sich Jens-Peter. Doch genau diese machen, in der Philosophie von Nordward Ho, einen guten Musiker aus. Bewusst richten sie sich nicht nach Publikum und Jury, halten sich nicht an Konventionen und Schemata, die Musik folgt vielmehr dem Text. Daraus machen die Küstenrocker aus dem Kreis Segeberg eine Marke. Sie wissen, was sie wollen und stehen zu ihrer Musik. Wir dachten nur noch: „Jetzt bringen wir die geballte Ladung, machen unser Ding. Freundlich. Animierend. Nett.“

Die 80 mitgereisten Fans, die sich sogar T-Shirts hatten anfertigen lassen, sorgten für das nötige Gänsehaut-Feeling, von dem sich die Band an dem Abend mitreißen ließ. „Wir waren an diesem Abend die beste Band“, sagt Holger und betont dabei das Wort Band, „Wir kommen als Team schnell auf einen Nenner. Das Team hat uns an diesem Abend ausgemacht“.

Die „Nachwuchsrocker“ ließen vor dem Contest wenig raus, kamen erst 20 Sekunden vor dem Auftritt aus dem Band-Bus. Die vier Songs – Schwermetall, Hafenblues, Norddeutsch und Offene See – sorgten für den erhofften Überraschungseffekt, die Zugabeforderungen des Publikums waren nicht zu überhören, Lob wie „Geiler Groove“ und „Ich mag eure kleinen Geschichten“ von anderen Bands folgte.

In der Fachpresse im Internet ist zu lesen, die Songs von Nordward Ho zeigen, dass „Musik grenzenlos ist“, und dass die Truppe älterer Nachwuchsmusiker ein „gut eingespieltes, gut gelauntes Team“ ist. Das macht die Truppe stolz. „Das macht süchtig nach mehr, nach großen Bühnen“, sagt Jens-Peter.

www.nordward-ho.de