In Henstedt-Ulzburg kämpfen die Kritiker und Befürworter der Stadtwerdung mit prominenter Unterstützung

Henstedt-Ulzburg . Der Mann steht am Zaun vor der riesigen Baustelle des wachsenden City Center Ulzburg und schaut in die untergehende Abendsonne. Das Rückenteil seines schwarzen T-Shirts hat er sich mit zwei Wörtern beflocken lassen: Stadt Henstedt-Ulzburg. Soll heißen: Dieser Bürger möchte künftig lieber in einer Stadt als wie bisher in einer Gemeinde leben.

22.672 stimmberechtigte Henstedt-Ulzburger ab 16 Jahre entscheiden am Sonntag über eine Frage, die in den vergangenen Monaten heftig diskutiert wurde: „Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Henstedt-Ulzburg eine Stadt wird und die Stadtrechte bei der Landesregierung Schleswig-Holstein beantragt?“ „Ja“ oder „Nein“ stehen in den Wahllokalen auf den Abstimmungszetteln zur Auswahl. Im Vorfeld des Bürgerentscheides gab es neben den gemeindlichen Informationen (Einwohnerversammlung, Internet) zwei Aktionen. Die eine hat Alt-Bürgermeister Volker Dornquast als Sprecher initiiert, hinter der anderen steht die Manke Grundstücksgesellschaft mit Geschäftsführer Christian Manke.

Im Internet liefern sich die Kritker und Befürworter einen Wettstreit

Landtagsabgeordneter Dornquast steht an der Spitze der Bürgerinitiative „Wir-bleiben-Gemeinde.de“. „Henstedt-Ulzburg ist eine tolle Gemeinde und soll dies auch in Zukunft bleiben“, heißt es. „Trotz des Wachstums in den letzten Jahren hat der Ort seinen besonderen Charakter als ländliche Gemeinde weitestgehend behalten.“

Ein Argument, von Dornquast in seiner 21-jährigen Amtszeit gerne benutzt, lautet: „Henstedt-Ulzburg ist als die größte Gemeinde über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Sie hat hierdurch ein in vielerlei Beziehung wertvolles Alleinstellungsmerkmal, welches sie als 13. größte Stadt sofort verlieren würde.“ Die Homepage der Bürgerinitiative ist stark frequentiert. CDU-Sprecher Frank Bueschler, über seine Firma Right Vision Pfleger der Website wir-bleiben-gemeinde.de, meldete am Montag dieser Woche 12.407 Klicks von 2808 Besuchern. „Für mich ist das ein Zeichen, wie ländliche Gemeinden auf solche Frage reagieren“, sagt Volker Dornquast. „In Seevetal und Bad Zwischenahn war das nicht anders.“

Er stellt klar: „In meiner Amtszeit wurde die Frage Stadt oder Gemeinde nie ernsthaft diskutiert.“ Gemeinderat Carsten Schäfer erinnert sich: „Im Herbst 2010 hat Jochen von Allwörden vom Städteverband Schleswig-Holstein im Rathaus das Thema in einem Vortrag mal angerissen.“ Da war Dornquast nicht mehr Verwaltungschef.

Bei 28.000 Einwohnern ist die Stadtwerdung ein Selbstgänger

Christian Manke ist für eine Stadt Henstedt-Ulzburg. Sein Unternehmen hat direkt gegenüber vom Firmengebäude in der Bahnhofstraße ein Schild aufstellen lassen, es wirbt für die Stadtwerdung. Und eingangs der Kranichstraße hängt auch noch ein großes Plakat. „Henstedt-Ulzburg ist eine lebenswerte Gemeinde, die weiterhin lebenswert bleibt, auch wenn sie Stadt wird“, heißt es auf der Homepage „wir-werden-stadt.de“. Und weiter: „Stadtwerdung heißt nicht zwangsläufig, dass die Steuern steigen oder dass sich ein Ortsbild zum Negativen verändert. Die Bevölkerungszahl von knapp 28.000 Bewohnern lässt es nicht nur zu, sondern impliziert die Stadtwerdung geradezu.“ Die vielen Zuzüge seien nicht der Gemeinde zu schulden, sondern der optimalen Anbindung an die Stadt Hamburg in Form von Autobahn, dem öffentlichen Nahverkehr und dem günstigeren Wohnraum in der Metropolregion Hamburg. Die Manke Grundstücksgesellschaft hat zum Thema Stadt oder Gemeinde eine Umfrage gestartet und für die Beantwortung der Fragen drei Mal zwei Musicalkarten zum Wert von 100 Euro je Karte in Aussicht gestellt. Bis zum Dienstag hatten sich auf der Webseite neun Befürworter namentlich geoutet. Die gemeindefreundliche Bürgerinitiative, die am Sonntag, 18 Uhr, wieder aufgelöst werden soll, meldete zum gleichen Zeitpunkt 56 Mitglieder und 187 Online-Unterstützer.

Die Gemeindefreunde liegen aus der Sicht der Insider klar vorne

Kenner der kommunalen Szene glauben: Die Abstimmung endet 60 zu 40 – für die Gemeindefreunde. Die Auszählung der Stimmen erfolgt ganz zuletzt – nach der Bundestagswahl und nach dem Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Torsten Thormählen. „An diesem Abend kann es spät werden“, kündigt Gemeindeabstimmungsleiter Joachim Gädigk an. „Aber wir werden alle drei Punkte durchziehen, und wenn es Mitternacht wird.“

Am Dienstag wird der Hauptausschuss das Thema „Stadt oder Gemeinde“ entweder für die nächsten zwei Jahre zu den Akten legen oder die Gemeinde wird umgehend beim Innenministerium die Stadtwerdung beantragen. „Mitte 2014“, hofft Carsten Schäfer, „könnte Henstedt-Ulzburg Stadt sein.“