Den Dialog zwischen Juden und Christen gibt es seit Jahrhunderten. Doch nach dem Holocaust prägte ein tiefes Misstrauen beide Religionen.

Norderstedt. Erst zaghaft, dann immer beherzter brechen junge Generationen diese Kluft wieder auf und bauen Brücken zueinander. Vor allem musikalischer Art.

Einer dieser Brückenbauer ist Semjon Kalinowsky mit seinem Musik-Projekt „Schalom! Kirche trifft Synagoge“, das er in der Kreuzkirche in Henstedt-Ulzburg und in der Vicelin-Schalom-Kirche in Norderstedt vorstellte. Begleitet wird der jüdische Musiker vom Amsterdamer Organisten Matthias Havinga, den Chor-Part übernahm die Kantorei der Kreuzkirche unter der Leitung von Kantor Martin Hageböke.

„Ein anspruchsvolles Projekt“, sagten die Pastoren Michael Schirmer von der Vicelin-Schalom-Kirche und John William Siegmund von der Kreuzkirche. Dieses um so mehr, als im traditionellen jüdischen Gottesdienst Instrumental-Musik nicht erlaubt ist. Für das liberale Judentum gehört eine Orgel durchaus in die Synagoge.

Kalinowsky überließ Havinga den Konzert-Auftakt, der Louis Lewandowskis Fest-Präludium Nr. 1 machtvoll an der Hillebrand-Orgel in der Vicelin-Kirche interpretierte. Lewandowski gehört zu den jüdischen Komponisten, die die jüdische Liturgie prägten. Seine Psalmen-Vertonungen sang die Kreuzkirchen-Kantorei mit viel Hingabe an ihre romantische Struktur. Der Chor begeistert seit jeher mit seiner ganz eigenen, vollen Klangfarbe.

Als Einstimmung zu Max Bruchs Werk Kol Nidre spielten Havinga und Kalinowsky ein Präludium c-Moll von Joseph Gabriel Rheinberger. Bruch vertonte mit dem Kol Nidre das jüdische Gebet zum höchsten jüdischen Feiertag, Jom Kippur. Kalinowsky, von Havinga am Flügel begleitet, beschränkte sich an der Viola auf die klagenden und versöhnlichen Klänge und ließ den aufbegehrenden Charakter außer acht. Beredter und betont lyrisch erklang Friedrich Gernsheims hebräischer Gesang „Elohenu“, berührend Ernest Blochs „Prayer“ aus „Jewish Life“.