Mathias B., 46, knackte elf Automaten in Reitställen. In Norderstedt wurde er dabei zweimal ertappt und einmal niedergeschlagen. Jetzt musste er sich vor dem Amtsgericht in Norderstedt für die Einbruchserie verantworten

Es gibt Menschen, die haben in ihrem Leben nicht viel Glück. Bei manchen kommt Pech dazu. Und bei ganz wenigen auch noch die Dummheit. Mathias B., 46, aus Hamburg führt so ein Leben. Und deswegen landete er jetzt vor Richter Jan Willem Buchert vor dem Amtsgericht in Norderstedt.

Die Anklage warf Mathias B. vor, für eine Serie von elf Einbrüchen in Norderstedter und Hamburger Reitstallanlagen verantwortlich zu sein. Seit Mitte November 2011 wurden über einen Zeitraum von fast zwei Jahren immer wieder in den Aufenthaltsräumen der Reitanlagen die Getränke- oder Süßwarenautomaten gewaltsam geöffnet und das Bargeld entnommen, wobei die Beute in der Regel um die hundert Euro betrug. In den meisten Fällen war es schwierig, den Täter dingfest zu machen, denn er ging geschickt vor, zerstörte Alarmanlagen und Überwachungskameras. Wenn Aufnahmen des Täters gelangen, war darauf ein Mann zu sehen, der sich eine Mütze über den gesamten Kopf gezogen hatte, in die er Sehschlitze geschnitten hatte. Die Taktik des Einbrechers ging auf – bis zu jener Nacht im März 2012 in der Reitanlage von Dirk Timm, 35. 2012 hatte es innerhalb von drei Monaten acht Einbrüche auf dem Hof gegeben. Immer hatte es der Täter auf das Münzfach in den Getränke- und Süßigkeiten-Automaten abgesehen. Sechsmal habe die Alarmanlage die Einbrecher vertrieben, zweimal nicht, sagte Timm damals gegenüber dem Abendblatt. Als in der Nacht im März gegen 1.20 Uhr die Alarmanlage losgeht, wacht Timm auf und prüft den Stall. Als er dort das Licht anknipst, hört er, wie jemand „Scheiße!“ flucht – Mathias B., 46, ist ertappt. Er versucht, durch die Sattelkammer zu entkommen, Timm geht ihm nach. „Da sprühte er Pfefferspray auf mich. Es brannte in den Augen und ich musste husten“, erinnerte sich der Landwirt nach der Tat. Trotzdem verfolgt er den Einbrecher und bekommt ihn schließlich auf dem Parkplatz zu fassen. Timm: „Ich packte ihn an der Schulter, riss ihn herum, da schlug er mir mit seinem Kuhfuß ins Gesicht.“ Im Gerangel nimmt Timm Mathias B. den Kuhfuß ab. „Ich packte mit beiden Händen den Kuhfuß und zog durch, auf seinen Kopf. Dann war Ruhe“, sagt Timm. Beide Männer landen im Krankenhaus. Der Landwirt hat eine Platzwunde, Einbrecher Mathias B. eine tiefere Wunde am Kopf und eine Gehirnschwellung.

Wer jetzt glaubt, Mathias B. würde fortan einen weiten Bogen um Norderstedter Reitställe machen, der täuscht sich. Im Dezember 2012 kommt es auf einem Nachbarhof an der Friedrich-Ebert-Straße erneut zu einem Einbruch. Wieder geht es um den Münzautomat. Reitstallbesitzer Jens-Peter T., 56, und zwei seiner Mitarbeiter stellen Mathias B. auf frischer Tat. Der versucht, sich wieder mit seinem Kuhfuß zu wehren. Doch der Reitstallbesitzer und seine Mitarbeiter überwältigen Mathias B. und sperren ihn in eine Toilette. Der Wiederholungstäter kommt nach seiner Festnahme im Dezember 2012 für ein paar Tage in Untersuchungshaft. Eine für ihn traumatische Erfahrung, wie er in der Verhandlung vor dem Amtsgericht weinerlich beschreibt. „So etwas will ich auf gar keinen Fall noch einmal erleben müssen“, sagte er vor Gericht. Seinen Verteidiger lässt Mathias B. eine Erklärung verlesen. Danach gibt er die beiden Norderstedter Einbrüche zu und begründet sie mit psychischen Problemen und Geldknappheit.

Dazu sei es gekommen, als er 2006 seinen Job verlor. Mathias B. hatte bis dahin 15 Jahre lang als Gärtner bei der Stadt Hamburg gearbeitet. Doch unter den Kollegen, so sagte er vor Richter Buchert aus, habe er sich zunehmend gemobbt gefühlt. Schließlich habe er keine Alternative mehr dazu gesehen, als aus dem Job auszuscheiden. Danach hatte er zeitweise mit Alkoholproblemen und Spielsucht zu kämpfen. Mittlerweile habe er sich gefangen und arbeite jetzt in Vollzeit als Baustellenhelfer.

Was Mathias B. allerdings nicht zugab, waren die insgesamt neun weiteren Einbrüche in Hamburger Reitställen, die ihm die Anklage vorwarf. Es geht um Vorfälle aus einem Zeitraum von November 2011 bis März 2012. Die Einbrüche gleichen denen in Norderstedt bis ins Detail. Eine Hamburger Polizistin erklärt vor Gericht, dass die Segeberger Kollegen ein Foto aus einer Überwachungskamera in Norderstedt schickten, auf dem der Täter in gleicher Weise wie in Hamburg vermummt ist, nämlich mit einer Mütze mit Sehschlitzen.

Auch in den Hamburger Fällen ging der Täter genau so vor wie Mathias B. in Norderstedt: Er stemmte mit einem Brecheisen die Getränke- und Süßwarenautomaten und manchmal auch die Eingangstüren auf und entnahm das Geld. Auch Kleidung und Statur des Täters stimmen in Norderstedt und in den Hamburger Fällen überein.

Die Indizien sprachen also klar für Mathias B. als Täter. Richter Buchert ist nach der Verhandlung überzeugt davon, dass Mathias B. auch in den Hamburger Einbruchsfällen der Täter war. Er verurteilt den Hamburger unter anderem wegen Einbruchs, Diebstahls mit Waffen und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Er setzt die Strafe für den nicht vorbestraften Angeklagten aber zur Bewährung aus und stellt ihm einen Bewährungshelfer zur Seite. „Damit Sie es schaffen, Ihre Schulden in den Griff zu bekommen und künftig straffrei zu leben“, sagte Richter Jan Willem Buchert in seiner Urteilsbegründung.