Die 23 Jahre alte Frau bot im Internet Waren zum Verkauf an und kassierte den Kaufpreis. Eine Lieferung fand aber nicht statt

Norderstedt. „Es geschah aus Verzweiflung – und weil ich Medikamente kaufen musste“, so versucht Lisa T., 23, aus Norderstedt vor dem dortigen Schöffengericht die ihr vorgeworfenen Betrugstaten zu rechtfertigen. In zwei Anklagen gegen die junge Frau geht es um 45 Fälle, in denen sich die Angeklagte in einem Zeitraum von März bis Dezember 2012 Geld ergaunerte, indem sie über Ebay Gegenstände zum Verkauf anbot, den Kaufpreis kassierte und die Ware anschließend nicht lieferte. Ungeduldige Kunden vertröstete die Angeklagte per E-Mail oder am Telefon, wobei sie stets falsche Namen benutzte und Sendungsnummern der Post angab, um zu beweisen, dass sie die Ware verschickt habe. Mit Lisa T. auf der Anklagebank sitzt ihr Freund Sascha H., 23, aus Henstedt-Ulzburg, der teilweise sein Bankkonto für das überwiesene Geld zur Verfügung stellte, von den meisten Taten wusste und mit von dem ergaunerten Geld lebte. Federführend bei den Taten war jedoch Lisa T., die auch vor Gericht, wo beide Angeklagten die Taten einräumen, die Wortführerin gibt. Es waren Playstations, Handys, Notebooks und häufig Reitsportartikel wie Sattel und Pferdedecken, die die Angeklagte zum Verkauf anbot. Insgesamt kam eine Schadenssumme von etwa 10.000 Euro zusammen, denn in vier Fällen ging es um Kurzreisen nach Mallorca, die die Angeklagte direkt am Flughafen unter Angabe von Kontodaten buchte und am nächsten Tag gemeinsam mit dem Angeklagten Sascha H. im März, Mai und Juni 2012 antrat. Nur in einem der vier Fälle wurde die Reise storniert, weil der Reisepreis mangels Kontodeckung zurückgebucht wurde. In den anderen Fällen wurde die mangelnde Kontodeckung erst nach der Reise entdeckt.

Ideengeber bei einem besonders gemeinen Betrug war Sascha H., der gemeinsam mit seiner Freundin Saisonkarten für Bayern-München zum Preis von 1300 Euro anbot. Angeblich konnte das Paar die Karten wegen der Geburt von Zwillingen aus Zeitgründen nicht nutzen. Diese angeblichen Dauerkarten verkauften die Angeklagten auch noch an einen zweiten Interessenten zum Preis von 1000 Euro. Nur in zwei Fällen ergibt die Beweisaufnahme Betrugsversuche, denn einmal überwies die Angeklagte Lisa T. die erhaltenen 180 Euro für ein nicht verschicktes Handy zurück, weil der Kunde ihr mit einer Anzeige drohte. Ein anderes Mal war eine Käuferin misstrauisch geworden. Sie habe immer Skrupel und ein schlechtes Gewissen gehabt, behauptet die Angeklagte, aber sie habe sich einfach mal etwas gönnen wollen, beispielsweise Urlaub, den sie als Kind nie gehabt habe. Sie leide an einer Unterform von Leukämie und wisse nicht, wie lange sie noch lebe, ergänzt die von Hartz IV lebende junge Frau. Beide Angeklagte sind intelligent: Sascha H. absolvierte eine Tischlerlehre und bestand das Fachabitur, ist jetzt aber seit eineinhalb Jahren arbeitslos. Lisa T. besuchte das Gymnasium bis zur 12. Klasse und rechtfertigt ihre Arbeitslosigkeit mit ihrer Krankheit.

Richter Jan Willem Buchert nimmt der Frau ihre Reue nicht ab, denn sie wurde im März 2012 bereits wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Damals hatte sie in mehr als 200 Fällen Waren in Versandhäusern bestellt und nicht bezahlt. Die Angeklagte habe nicht verstanden, was sie anderen Leuten angetan habe, meint der Jurist und verurteilt die Frau wegen Betruges in 43 Fällen zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren ohne Bewährung. Sascha H. wird wegen Betruges in elf Fällen und Beihilfe in fünf Fällen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.