Prominente CDU-Mitglieder schalten Anzeige, um die Abwahl des suspendierten Bürgermeisters zu verhindern

Henstedt-Ulzburg. Der Tag der Entscheidungen rückt näher, in der Gemeinde brodelt es. Gearbeitet wird mit vielen Tricks und Raffinessen, um die Entscheidungen in Sachen Bürgermeisterabwahl und Stadtwerdung in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Leserbriefe, Zeitungsanzeigen und sogar ein „Shitstorm“, den eine Journalistin über sich ergehen lassen musste, sind die Auswirkungen von emotionalen Diskussionen, die bisweilen überbordend sind.

Am 22. September, dem Tag der Bundestagswahl, entscheiden die Wähler in Henstedt-Ulzburg einerseits, ob der Bürgermeister gehen muss oder bleiben darf, andererseits darüber, ob Henstedt-Ulzburg Stadt werden oder Gemeinde bleiben soll. Das wissen inzwischen die meisten Henstedt-Ulzburger. Worüber sie aber wenig erfahren, ist das Gerangel hinter den Kulissen. Und da hat es in den vergangenen Tages einige Kuriositäten gegeben.

An alle Haushalte wurden mittlerweile Informationen verschickt

Zunächst hat die Gemeindeverwaltung sehr seriös in getragenem Amtsdeutsch über die verschiedenen Möglichkeiten aufgeklärt, die die Wähler am 22. September haben. An alle Haushalte sind in den vergangenen Tagen Bürgerinformationen verteilt worden, in denen alle Aspekte beleuchtet werden. So gibt es es eine Auflistung über die Auswirkungen, wenn Henstedt-Ulzburg Stadt werden sollte. Dazu haben alle im Gemeinderat vertretenen Fraktionen die Möglichkeit bekommen, Statements zu verfassen. Die Politiker nutzten das mal mehr, mal mehr weniger ausgiebig.

Außerdem wird über das Verfahren zur Abwahl des Bürgermeisters informiert. Neben der gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen der Gemeindevertretung ist auch eine Erklärung des suspendierten Bürgermeisters Torsten Thormählen abgedruckt. Die Parteien appellieren an die Bürger, „im Interesse und zum Wohl der Gemeinde durch Abwahl des Bürgermeisters den Weg freizumachen für eine Wiederbesetzung der Stelle“. Die Gemeinde sei auf einen Neubeginn im Amt des Bürgermeisters durch eine neue Persönlichkeit dringend angewiesen.

Torsten Thormählen verteidigt sich, macht den Bürgern aber auch klar, dass sie „keine andere Wahl haben, als für meine Abwahl zu stimmen, so gerne ich auch Ihr Bürgermeister bin und bleiben würde“. Er schreibt von einer „Vorverurteilung“ durch die Gemeindevertretung, von „Unwahrheiten“, „Gerüchten“ und „böswilligen Unterstellungen“, die über ihn und seine Familie verbreitet worden seien. Er kommt zu dem Schluss: „Ein Scheitern meiner Abwahl würde die Gemeinde deshalb lähmen, und das ist nicht in meinem Interesse.“

Für viel Gesprächsstoff sorgt derzeit eine Anzeige, die in einem Anzeigenblatt erschienen ist. „Thormählen muss Bürgermeister bleiben“ lautet der Titel. Zu den Unterzeichnern gehören prominente Christdemokraten: Die ehemaligen Bürgervorsteher Joachim Süme und Johannes Engelbrecht, Fraktionsmitglied Claus-Dieter Rommerskirchen, Ulla Geissler, Sönke Carstensen. Einige andere Unterzeichner sind ebenfalls ortsbekannt. Sie weisen auf die „grundgesetzlich gesicherte Unschuldsvermutung“ hin, auf die „unerträgliche Belastung für seine (Thormählens) Familie“ und auf die Probleme, die die 18 Monate andauernde Suspendierung für die Gemeinde gebracht habe. „Wer hat sich eigentlich darüber Gedanken gemacht?“ wird in der Anzeige gefragt.

Für die örtliche CDU ist diese Anzeige unangenehm. Denn die Fraktionsmeinung steht: Thormählen muss gehen. CDU-Ortsvorsitzender Michael Meschede distanziert sich im Namen des Ortsverbandes von dieser Anzeige. „Sie entspricht nicht der Ausrichtung der CDU-Fraktion, allerdings ist die CDU eine große Partei, in der es auch verschiedene Strömungen gibt.“ Für ihn käme es einem „Super-Gau“ gleich, wenn Thormählen nicht abgewählt werden sollte. „Dann kommen wir nicht mehr aus der Zwickmühle heraus.“

Claus-Dieter Rommerskirchen, Mitunterzeichner der Anzeige, hat inzwischen einen Rückzieher gemacht und distanziert sich von dem Inhalt. Nachdem Ortsvereinsvorsitzender Michael Meschede ihm deutlich gemacht hat, dass ein Abweichen von der Fraktionsmeinung zumindest „unglücklich“ sei, habe er nachgedacht: „Ich muss Sympathie und rechtliche Ansichten trennen“, sagt der frühere Gemeindevertreter, der jetzt bürgerliches Mitglied im Kultur- und Sportausschuss ist. Er fühlt sich von Joachim Süme, der offenbar der Drahtzieher der „Pro-Thormählen-Kampagne“ ist, über die Konsequenzen nicht ausreichend informiert.

Große Aufregung um die fehlerhafte Ankündigung einer Veranstaltung

Auch bei der Frage, ob aus der Gemeinde eine Stadt werden soll, liegen die Nerven offenbar blank. In einem anderen Anzeigenblatt hatte eine Journalistin den Termin für eine Veranstaltung der von Volker Dornquast gegründeten Bürgerinitiative „Wir bleiben Gemeinde“ versehentlich falsch angegeben. Dornquast schrieb darauf eine Mail, in der er andeutete, dass dahinter Absicht stecken könnte: „Man weiß nicht so genau, ob es ein Flüchtigkeitsfehler ist, oder ob hier bewusst falsch informiert werden sollte, um unserer Veranstaltung zu schaden.“ In der Mail, die an sehr viele Empfänger ging, unterstellt der CDU-Landtagsabgeordnete der Journalistin, dass sie gegen die von ihm gegründete Bürgerinitiative sei.