Das Ortsschild in Winsen wurde nachts erneut versetzt. Doch Jutta Hartwieg will nicht nachgeben und so einen Präzedenzfall schaffen

Winsen. „Robin Hood“ war wieder da, und die Bürger von Winsen jubeln. Zum 15. Mal war der unbekannte „Wohltäter“ mit Hacke und Schaufel am Werk. In der Nacht zum Mittwoch hat er erneut das Ortseingangsschild auf der Kreisstraße 49 aus Richtung Kisdorf um 150 Meter zurückgesetzt. Dorthin, wo es 54 Jahre gestanden hat.

Auf der anderen Straßenseite steht jetzt ein zweites Ortseingangsschild, und über drei jüngst von der Verkehrsaufsicht angeordnete und aufgestellte Schilder mit dem Tempohinweis „70“ wurden blaue Mülltüten gestülpt. Nun gilt hier wieder Tempo 50.

„Das ist ganz in unserem Sinne“, sagt Winsens Bürgermeister Kurt Bonekamp. „Wenn die Autos mit Tempo 70 durch unseren Ort rasen dürfen, wäre die Sicherheit der Kinder auf ihrem Schulweg nicht mehr gewährleistet.“

Michael Krüger, Leiter der Kreisverkehrsaufsicht in Bad Segeberg, wusste am Donnerstag von dieser neuerlichen Aktion noch nichts und seine Vorgesetzte, Landrätin Jutta Hartwieg, auch nicht. „Langsam finden wir das nicht mehr lustig, was da in Winsen passiert“, sagte Krüger dem Abendblatt. Er griff zum Telefon und beauftragte die Mitarbeiter des Wege-Zweckverbandes (WZV), alles wieder rückgängig zu machen. „So wie das Gesetz es vorschreibt“, so Krüger

Immer, wenn Robin Hood in den vergangenen Wochen zugeschlagen hatte, brachten WZV-Arbeiter im Auftrag der Verkehrsaufsicht das Schild näher zur Ortsmitte, doch beim 15. Mal machten sie nicht mehr mit. „Wir warten eine endgültige Entscheidung ab“, hieß es. Spätestens am Wochenende will nun die Landrätin Tacheles reden.

Jutta Hartwieg tut sich schwer mit der Bewertung dieses ungewöhnlichen Schilderkampfes. Zwei Stunden konferierte sie in ihrem Büro unter anderem mit Vertretern der Verkehrsaufsicht, mit Winsens Bürgermeister Kurt Bonekamp, seiner Stellvertreterin Kirsten Detlef, der Gemeindevertreterin Imke Busse und mit Berthold Bonekamp-Kerkhoff, dem Bruder des Bürgermeisters und Vorsitzenden der Bürgerinitiative. Der sagt: „Herausgekommen ist dabei nichts. Ich habe die Landrätin gefragt, warum wir überhaupt so lange geredet haben?“

Jutta Hartwieg hat ihre Meinung auch in einer Pressemitteilung in Umlauf gebracht: „Als Landrätin habe ich großes Verständnis dafür, dass es durch diese verkehrsaufsichtliche Maßnahme meines Hauses zu Verärgerungen gekommen ist. Aber die getroffenen Maßnahmen wurden auf der Grundlage des geltenden Rechtes getroffen und sind fachaufsichtlich ebenfalls als rechtmäßig bestätigt worden. Ich kenne keinen sachlichen Grund, hier die Gemeinde gegenüber anderen kreisangehörigen Gemeinden anders zu behandeln.“

Die Landrätin will keinen Präzedenzfall mit Signalwirkung schaffen. „Mehrere Bürgermeister der Umgebung stehen Gewehr bei Fuß“, sagt Michael Krüger. „Sie haben angekündigt, dass sie ihre Ortseingangsschilder auch weiter außerhalb aufstellen werden, wenn Winsen das gestattet würde.“

Wer ist der große Unbekannte, der nachts das Schild verschiebt?

Die Aufregung in der 433-Einwohnergemeinde ist unverändert groß. „Falls die Entscheidung der Landrätin für unsere Gemeinde negativ ausfällt, werden wir weitere Schritte unternehmen“, kündigten die Gebrüder Kurt und Berthold Bonekamp an.

Michael Krüger, Chef der Kreisverkehrsaufsicht, sieht dem gelassen entgegen: „Der Klageweg bleibt der Gemeinde Winsen unbenommen, aber ich muss es einmal deutlich sagen: Auf den Steuerzahler kommen erhebliche Kosten zu.“

Die Frage, die sich jeder stellt, lautet: Wer ist denn nun der große Unbekannte, der nachts die Schilder verschiebt? Fritz Thies, vor 30 Jahren stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Winsen, sagt: „Ich habe einen Verdacht. Aber darüber sage ich nichts.“