Schleswig-Holsteins Landesrabbiner Walter Rothschild sang eigene Texte, die Minyan Boys jazzten

Norderstedt. Bald ist Rosh Ha’Shana, das jüdische Neujahrsfest, und etwas später beginnen die Hohen Feiertage mit Jom Kippur – Zeit, wieder einmal in die Synagoge zu gehen. Dort finden sich zu den Feiertagen Leute ein, die der Rabbiner sonst übers ganze Jahr nicht sieht. „Das ist so wie bei den Christen zu Weihnachten“, lästert Walter Rothschild und stimmt nach dem Motto „Besser ein Mal als kein Mal“ sein Lied „The Sometimes Jews“ an.

Schleswig-Holsteins Landesrabbiner ist unter die Sänger und Jazzer gegangen, rhythmusstark begleitet von den Minyan Boys mit Max Doehlemann am Klavier, Matthias Harig an der Trompete, Christian Schantz am Bass und Martin Fonfara am Schlagzeug. Das Publikum in der Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor in Norderstedt war begeistert.

„Der Mensch kommt vom Stau und er kehrt zum Stau zurück“, leitete der Rabbiner das Konzert mit der Abwandlung eines Beerdigungs-Zitats ein. Grund: Die Band aus Berlin war im Stau stecken geblieben, trotzdem startete das Konzert fast pünktlich. Ganz vorn an der Rampe stand Walter Rothschild, der Sänger, der Erzähler, bestens flankiert von Matthias Harig an der Trompete. Der blueste einen guten Ton, begleitet von den Minyan Boys, während Rothschild auch mit der Stimme gute Trompeter-Eigenschaften zeigte. Durch die englischen Liedtexte indes rollten die Pointen nicht so schnell ins Publikum, und die Stimmung kam nur verzögert auf Touren.

Dem hilft Rothschild mit Bonmots ab wie „Macht man etwas zwei Mal, ist es bei den Juden schon Tradition“, „Ich muss oft mit Leuten arbeiten, die sehr viel reden, aber wenig kommunizieren“ oder „In jeder Familie gibt es einen, der meschugge ist und Gott entdeckt hat, und alle haben einen Abschluss bei der Besser-Wissen-Akademie“. Der Theologe textet Franz Schuberts Kunstlied „Die Forelle“ um und hofft, dass ihm der Komponist bei der Begegnung im Himmel gnädig sein möge. Er lästert über die Beschneidung („Wir werden es kurz halten.“), entdeckt Scheidungs-Lieder als Marktlücke und das ausgerechnet auf die Melodie von „Bei mir bist Du schön“.

Die Band gibt in ihren Soli Bestes, lässt es in „Schalom Aleichem“ so richtig jazzen und den Blues grooven. Organisiert wurde das Konzert von der Vicelin-Schalom-Kirche mit der Jüdischen Gemeinde Pinneberg und dem Norderstedter Verein Chaverim – Freundschaft mit Israel.