Erheblicher Eigennutz

16. August: „Thormählen will abgewählt werden"

Diese Einwohnerversammlung hat eine große Chance verpasst, es war Politik zum Abgewöhnen. Statt die Bürger mit handfesten, nachprüfbaren Fakten zu informieren, wurde schwammig zum Thema Stadt argumentiert und überheblich bis arrogant zur Abwahl von Bürgermeister Thormählen durch die Politik insgesamt.

Zum Thema Abwahl des Bürgermeisters kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass in erheblichem Umfang Eigennutz eine Rolle spielt. Von den fünf Politikern, die vor uns saßen, haben sich zwei schon einmal um das Amt beworben. Und wenn Orts-Gerüchte stimmen, hat ein weiterer Gemeindevertreter Interesse für eine Bewerbung. Da ist es doch naheliegend, einen möglichen Mitbewerber Thormählen möglichst schnell los zu werden, unabhängig von Recht und Kosten.

In unserem Rechtsstaat gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung, bis ein Gericht abschließend entschieden hat. Dieser Grundsatz wird aus meiner Sicht verletzt mit der schwammigen Begründung, die Gemeinde nimmt Schaden durch eine weitere Vertretungsphase. Bisher sind keine Fakten bekannt, wo die Gemeinde in den vergangenen 18 Monaten Schaden genommen hat.

Die Entscheidung des Hauptausschusses verletzt den Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung und verursacht Hunderttausende an Zusatzkosten. Ich werde mich an dieser Rechtsverletzung nicht beteiligen und hoffe, dass es viele Bürger auch nicht tun. Vielleicht kommt die Politik dann zum Nachdenken darüber, dass eine Abstimmung nicht zur Farce verkommen darf. Um etwas Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen wäre es zwingend notwendig, auf eigene Kandidaturen zu verzichten und das auch öffentlich zu erklären. Es hat schon ein besonderes „Geschmäckle“, wenn die, die die Abwahl dem Bürger vorschlagen, sich anschließend um das Amt bewerben.

Joachim Süme, Henstedt-Ulzburg

Wo bleibt die Moral?

Zum Bürgerentscheid „Stadt oder Gemeinde“ legten alle Fraktionen ihre Standpunkte dar: Einige sind gegen, andere für die Stadtwerdung. Der einheitliche Tenor aller Fraktionen lautet aber: Wenn der Bürger für eine Stadtwerdung stimmt, werden alle selbstverständlich daran arbeiten, dies bestmöglich umzusetzen. Das ist Demokratie, wie ich sie mir vorstelle!

Was ist aber im „Fall Thormählen“?

Bereits im Mai war ich als Zuschauerin der entscheidenden Gemeindevertretersitzung schockiert und fassungslos darüber, dass alle Gemeindevertreter, einzeln und namentlich befragt, das vernichtende Urteil „schuldig“ aussprachen. Zu diesem Zeitpunkt lag kein Urteil zu den Ermittlungen vor. Aber alle Gemeindevertreter sprachen ihr Misstrauen aus und beantragten das Abwahlverfahren, das sie mit diesem Misstrauen begründeten.

Formell mag das alles seine Richtigkeit haben. Aber was ist moralisch? Was bewegt Menschen dazu, einem anderen das Vertrauen dermaßen zu entziehen, obwohl keine Schuld bewiesen ist?

Am 14. August erklärten alle Fraktionen erneut einvernehmlich, dass sie mit Herrn Thormählen nicht mehr zusammenarbeiten wollen, ja sogar im Falle einer Nicht-Abwahl!

Und an dieser Stelle frage ich: Wo bleibt hier die Demokratie? Warum wird sie hier mit Füßen getreten? Die Bürger, die in dem Fall der Nicht-Abwahl mehrheitlich entscheiden, dass sie Herrn Thormählen weiter vertrauen und ihn als Bürgermeister weiter im Amt haben möchten, werden einfach ignoriert? Genau die Bürger, die erst im Mai ihre Vertreter vertrauensvoll in die Gemeindeführung gewählt haben? Im Fall Thormählen ist es also egal, was der Bürger will und am 22. September entscheidet? Die Gemeindevertreter entscheiden dennoch gegen den Bürgerwillen und heben die Suspendierung auch im Fall der Nicht-Abwahl nicht auf!

Dieses Vorgehen finde ich persönlich absolut missachtend und respektlos gegenüber den Bürgern Henstedt-Ulzburgs.

Ramona Bücker, Henstedt-Ulzburg

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