Nachdem allenthalben der baldige Untergang gedruckter Tageszeitungen prognostiziert wird, weil das Internet jede Nachricht ja so irrsinnig viel aktueller vermeldet als Printmedien mit vortägigem Redaktionsschluss, klappe ich in aller Muße den Rückspiegel aus und blicke auf die vergangene Woche zurück.

"White Dinner" in Norderstedt, Gemeinschaftsschule Harksheide abgebrannt, Einwohnerversammlung in Henstedt-Ulzburg, Jubiläumsbesucher Nr. 200.000 bei den Karl-May-Festspielen.

Beim "White Dinner" - einer öffentlichen Freiluft-Dinner-Veranstaltung, deren Teilnehmer allesamt festlich weiß gekleidet erscheinen - war zu beobachten, dass mitgebrachte Speisen transporthalber in Zeitungspapier gewickelt wurden. Versuchen Sie das mal mit einem iPad. Nun stehen bei einem "White Dinner" die gepflegte Mahlzeit und das kultivierte Tischgespräch im Vordergrund, lesen wird hier ohnehin niemand. Allein schon, weil man sich in weißer Kleidung ziemlich aufs unfallfreie Essen konzentrieren muss, um sich nicht als Kleckerferkel zu entlarven.

Daheim beim Frühstück sieht das dann anders aus. Da darf man ungeniert lesen. Marmeladenflecken auf der Zeitung sind kein Drama. Sollten Sie allerdings Ihre Frühstückslektüre online auf dem teuren Tablet-PC konsumieren und mit dem Honigrest am Finger über den Bildschirm scrollen, ist der Spaß schnell vorbei. Trotzdem darf man in diesem Fall nicht die Beherrschung verlieren, bloß nicht: Hinter einem Tablet-PC kann sich niemand verstecken.

Die Zeitung dagegen bietet stets sicheren Schutz. Beim Lesen der Berichte über die Einwohnerversammlung dürfen Sie ebenso empört wie ungesehen den Kopf schütteln. Sich an denselben fassen, wenn Sie erfahren, dass beim Brand der Gemeinschaftsschule die Löscharbeiten verzögert wurden, weil ein Handwerker aus Versehen einen Hydranten umgefahren hat. Niemand sieht Sie hinter der papiernen Barriere - und das kann wahrlich eine hohe Gnade sein, unausgeschlafen am Morgen, in einem voll besetzten Zug oder nach 30 Jahren Ehe am Frühstückstisch.

Vielleicht das Beste an Zeitungen: Alles, was drinsteht, hat der Leser - fürs Erste jedenfalls - schon mal überlebt.