Bis 30. September können Bürger Einwände gegen den Verlauf der neuen Stromtrasse vorbringen

Alveslohe. Es gibt drei große Infrastrukturvorhaben, die das Leben im Kreis Segeberg beeinflussen und dessen Landschaft in den nächsten Jahrzehnten nicht zuletzt auch optisch prägen werden. Die A 20 soll mittelfristig als Nordspange von Bad Segeberg kommend die A 7 erreichen, die A 7 selbst soll sechsspurig werden - und eine neue Stromtrasse soll den Kreis in Nord-Süd-Richtung durchqueren.

Der Netzbetreiber Tennet will besagte 380-Kilovolt-Leitung an der A 7 entlang bauen, damit so wenige Wohn- und Gewerbegebiete wie möglich tangiert werden. Das Mammutprojekt ist nötig, damit die Energie aus den Windkraftanlagen in die Industriestandorte in Nordrhein-Westfalen oder Bayern transportiert werden kann. All dies steht im Zeichen der Energiewende und dem Ausstieg aus der Atomkraft. Die noch bestehende 220-kV-Leitung verläuft im Gegensatz dazu durch Henstedt-Ulzburg und Kisdorf, würde dann aber komplett abmontiert werden. Ihre Kapazität genügt künftig nicht mehr.

Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren. Betroffene Bürger haben in diesem Rahmen die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Bis zum 2. September liegen die Aktenordner mit allen Unterlagen in den Ämtern Bad Bramstedt-Land, Kaltenkirchen-Land und Kisdorf aus. Bis zum 30. September müssen etwaige Einwendungen schriftlich eingegangen sein bei den Ämtern oder beim Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umfeld und ländliche Räume (Amt für Planfeststellung Energie, Mercatorstraße 3, 24106 Kiel).

Ungefähr 600 Unternehmen oder Privathaushalte im Kreis sind direkt betroffen. Mit allen hat Tennet bereits mündlich oder schriftlich verhandelt. Manche sehen den Bau locker und genehmigen Maste auf ihren Grundstücken, andere wünschen Versetzungen um teils nur wenige Meter, damit etwa Ackerfuhren nicht berührt werden.

Doch es gibt Härtefälle. Die Familie Mohr aus Alveslohe (das Abendblatt berichtete) wohnt in unmittelbarer Nähe der neuen Trasse an der A 7 - und das seit Generationen. Weil zwei der Söhne herzkrank sind, sorgen sich die Mohrs um die Auswirkungen von elektromagnetischer Strahlung.

Tennet hat - wie in allen Fällen - eine Kompensationszahlung versprochen, deren Höhe sich nach der Größe der Grundstücke richtet. Eine Umsiedlung - dies wünschen die Mohrs - will der Netzbetreiber nicht bezahlen, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Die Gemeinde Alveslohe unterstützt die Familie Mohr und vermittelt. Gleichzeitig hat die Gemeindevertretung den Trassenverlauf per Resolution abgelehnt, wobei dies ein symbolischer Akt war.

Die rechtliche Lage begünstigt den Netzbetreiber. Sofern der Planfeststellungsbeschluss steht, gibt es kein Zurück mehr. Tennet richtet sich dennoch auf einzelne Klagen vor dem Bundeserwaltungsgericht in Leipzig ein, im Extremfall könnten Grundstückseigentümer indes sogar enteignet werden.

Nach jetzigem Stand sollen die Baumaßnahmen im Herbst des kommenden Jahres beginnen. Ab 2018 könnte der Rückbau der alten Leitung durchgeführt werden. Völlig offen ist, ob langfristig zudem ein Umspannwerk in der Region um Kaltenkirchen/Nützen gebaut wird. Dieses könnte als Knotenpunkt für Leitungen von Lübeck und Itzehoe kommend fungieren. Die zuständige Bundesnetzagentur hat den von Tennet beantragten Bedarf jedoch bisher nicht bestätigt.