Die Segeberger Polizei lotst im Jahr viele Hundert Schwerlasttransporte durch die Region. Das Abendblatt hat einen Konvoi von Weede nach Kellinghusen begleitet.

Zuerst geht es zurück. Mit Blaulicht auf der Autobahn 20 im Rückwärtsgang. Polizeihauptkommissar Klaus J. Harm sichert den Konvoi von drei Schwertransportern nach hinten ab, denn auf dem Parkplatz Kronberg bei Weede kurz vor Bad Segeberg konnten sie sich noch nicht in die richtige Reihenfolge bringen. Sie sind einfach zu breit und kamen auf dem engen Parkplatz nicht aneinander vorbei.

Die Autobahn wird kurz gesperrt, damit sich die Fahrzeuge sortieren können. Weil sie so groß, breit und schwer sind, dürfen sie auch erst nach 20 Uhr auf die Straße und müssen nicht nur von eigenen Begleitfahrzeugen, sondern auch von der Polizei eskortiert werden. Neben Harm, der das Polizei-Autobahn- und Bezirksrevier Segeberg leitet und an diesem Abend im VW Passat Platz genommen hat, begleiten die drei Schwertransporte zwei weitere Streifenwagen vom Typ Mercedes Vito mit je zwei Beamten.

Seit 2007 haben die Transporte deutlich spürbar zugenommen

Es geht von Weede über Bad Segeberg und die B 206 bis nach Föhrden-Barl an der westlichen Kreisgrenze. Dort sollen die Kollegen aus Heide übernehmen und die schweren Lastwagen mit Maschinenhaus, Nabe und Generator für eine Windkraftanlage zu ihrem Bestimmungsort an der Nordseeküste bringen. "Eine Windkraftanlage braucht bis zu zwölf Schwertransporte", erklärt Harm. Er und seine Kollegen haben deshalb viel zu tun. Seit 2007 haben die Transporte deutlich spürbar zugenommen, allein im vergangenen Jahr begleiteten die Segeberger 825 Schwerlasttransporte auf 460 Konvois durch die Region.

In drei Viertel aller Fälle fahren sie dabei von Ost nach West. Auch an diesem Abend. Ein Polizeifahrzeug fährt voraus und warnt vor, Harm im Passat macht den "Ausputzer" in der Mitte, und direkt vor dem Konvoi fährt das dritte Fahrzeug. Das sei ideal, sagt Harm. "Es ist am besten, wenn wir eine möglichst gleichmäßige Geschwindigkeit fahren. Etwa 60 bis 65 Stundenkilometer." Sowohl der sonstige Verkehr als auch die Schwertransporter kämen so am besten voran. Kurz nach dem Start aber muss der ganze Konvoi abbremsen, denn am Ende der A 20 wird es zum ersten Mal eng.

Der Konvoi benötigt fast die gesamte Breite der Bundesstraße

Die Autobahn mündet in einer weit gezogenen Linkskurve auf die Bundesstraße. Ein Mitarbeiter der Baufirma, die für die Absicherung zuständig ist, hat bereits die Warnbarken zur Seite geschoben. Als die Polizei vorbei ist und die Straße kurz auch für den Gegenverkehr komplett absperrt, legt er auch ein Verkehrsschild auf die Straße.

Nun können die Fahrer der drei Schwerlastzüge die ganze Breite der Fahrbahn nutzen. Bei ihrer Erfahrung kein Problem. Der Blick durch den Rückspiegel zeigt: Dieses Hindernis haben sie gut überstanden.

Auch durch Bad Segeberg geht es schnell voran. Harm sperrt kurz die Kreuzung am Bahnübergang, der Konvoi fährt bei Rot über die Ampel - da die Polizei mit Blaulicht begleitet, gibt das keinen Strafzettel - und ist schnell wieder aus der Stadt raus. "Jetzt wird es lustig", sagt Harm, als die einspurige Strecke kurz nach der Auffahrt zur Autobahn 21 beginnt. Nun braucht der Konvoi fast die ganze Breite der Bundesstraße und somit beide Fahrbahnen. Denn die Ladung des ersten Fahrzeugs in der Reihe ist weit über fünf Meter breit.

"Die meisten kennen das hier", sagt Harm. Viele Autofahrer fahren bereits an die Seite, wenn der erste Polizeiwagen mit dem Hinweis auf den Schwertransport näher kommt. Schließlich fahren in der Woche fast jeden Abend bis in die Nacht Schwertransporte auf der B 206.

Die Sperrung der Rader Hochbrücke sorgt für weiteren Schwerlastverkehr

Mit der Sperrung der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal kommen nun auch Fahrten am Wochenende dazu, auch wenn in Dänemark schnell reagiert worden sei und mittlerweile verstärkt Schiffe eingesetzt werden. "Die Zeitpläne können wegen der Sperrung kaum eingehalten werden", sagt Harm. Er erwartet, künftig öfter als bisher auf der Straße zu sein, da die Kollegen von anderen Dienststellen, die sich normalerweise mit der Begleitung abwechseln, durch die Sperrungen an der Brücke stark ausgelastet sind.

Auf der Bundesstraße 206 sind es an diesem Abend nur wenige Autofahrer, die nicht auf den Grünstreifen ausweichen wollen. Wie ein großer schwarzer BMW. "Der ist für die Rallye Dakar gebaut, und der Fahrer will nicht ins Grüne", sagt Harm und ist ebenso amüsiert wie verärgert. Denn für den Konvoi bedeutet der uneinsichtige Autofahrer, dass das Tempo gedrosselt werden muss. "Lkw-Fahrer machen keine Probleme", sagt Harm. Sie wissen, worum es geht, kennen Länge und Breite ihres Fahrzeugs und verhalten sich laut Harm normalerweise richtig. Autofahrer hingegen seien öfter schwieriger. Wer absolut nicht einsichtig ist, auf den steuert Harm zu und macht mit der Hand durchs Fenster deutliche Signale: An den Rand bitte. "Das grenzt manchmal an Nötigung." Aber wer mehrere Wagen mit Blaulicht und die vielen hellen Lichter der Schwertransporte nicht wahrnehmen will, dem muss deutlicher gesagt werden, wo es langgeht.

Hinter der Ortsumgehung von Bad Bramstedt übernehmen die Kollegen aus Heide den Konvoi. Allerdings bleibt Harm mit einem weiteren Wagen aus Bad Segeberg dabei. Denn in Wrist ist eine Straße für Schwertransporte nach Harms Worten kurzfristig durch den Bürgermeister gesperrt worden. Die drei Schwerlastzüge und ihre Begleiter müssen einen Umweg über kleinere Landstraßen und ein Wohngebiet in Kellinghusen nehmen. Insbesondere die schmalen Landstraßen müssen komplett "geputzt" werden.

In Kiel werden die Routen für die Schwertransporte vergeben

Allerdings stehen hinter dem Bahnübergang - die Querung der Schienen muss extra angemeldet und freigegeben werden - die Autos vorbildlich auf dem Bürgersteig. "Sehr gut", sagt Harm. Ein paar Kilometer weiter hingegen schüttelt er den Kopf. Ein Anhänger mit Kanus steht auf der Straße, dazu zwei Pkw. Hier ist es eindeutig zu schmal.

Harm fährt vor zu den Kollegen aus Heide, die über Funk die Fahrer der Transporte und ihre Begleiter hören. "Da wird kräftig geflucht", heißt es. "Ich werde morgen nach Kiel schreiben, so geht das nicht", sagt Harm. In Kiel werden die Routen für die Schwertransporte vergeben, für die die Unternehmen zahlen und die sie jeweils 48 Stunden im Vorfeld anmelden müssen.

Im vergangenen Jahr stellte allein das Autobahnpolizei- und Bezirksrevier in Bad Segeberg den Speditionen gut 145.000 Euro in Rechnung. Über Kiel muss auch eine mögliche Änderung der Route geklärt werden. "Hier muss zumindest ein Absolutes hin", sagt der Kollege aus Heide und meint ein absolutes Halteverbot. Denn die Autos und der Anhänger halten den Zug auf. Aber nur ein paar Minuten.

Schlimmstenfalls müssen Autos beiseite geschleppt werden

Der Anhänger wird per Hand zur Seite geschoben, die Autos von ihren Besitzern weggefahren, denn sie sind zu Hause. "Das hätte länger dauern können", meint Harm. Schlimmstenfalls hätten die Autos beiseite geschleppt werden müssen. Da das nicht nötig ist, geht es rasch zurück auf die Bundesstraße 206 hinter Kellinghusen. Hier machen sich Harm und seine Kollegen auf die Rücktour im normalen Tempo über die B 206.

Kurz vor Bad Segeberg erkundigt er sich bei den Fahrern des dritten Wagens, die bereits auf dem Parkplatz Kronberg zurück sind. Brauchen sie Hilfe? Nein, den schweren Bagger und drei lange Rotorblätter bekommen sie auch mit einem Polizeiwagen in Richtung Westen. Für Harm wartet dafür in der Polizeidirektion an der Dorfstraße der nächste Kaffee. Denn die Nacht wird noch lang. "Uns wird nicht langweilig werden", sagt er. Weder in dieser noch in den künftigen Nächten.