Die Stadtentwickler der Hansestadt befürchten, dass die Süderweiterung des Einkaufszentrums die Kaufkraft in Hamburgs Norden abzieht.

Norderstedt. Die Abrissbagger nagen derzeit an der alten Fassade des Karstadt-Warenhauses. Unterhalb des Parkdecks wurden die Räume entkernt, die Rückfront des Gebäudes ist eingerissen. Die Süderweiterung des Herold-Centers mit der Ansiedlung eines Saturn-Elektronikmarktes, eines Rewe-Frischemarktes und 15 weiteren Einzelhandelsgeschäften nimmt Formen an.

Und genau dagegen erhebt jetzt die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg erhebliche Bedenken. "Durch die Planung sehen wir die Entwicklung des Nahversorgungszentrums am Ochsenzoll gefährdet", schreibt die Hamburger Behörde an die Norderstedter Stadtentwicklungskollegen. Die Hamburger fürchten den Kaufkraftabzug, den das erweiterte Herold-Center für den Norden Hamburgs bedeuten könnte. Sie sehen die Entwicklungsperspektiven des Ochsenzoll-Quartiers und sämtlicher weiterer Nahversorgungszentren dort geschmälert.

Der Norderstedter Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr wird am Donnerstag, 15. August, den Bebauungsplan 303 "Erweiterung Herold-Center nach Süden" beraten. Der Entwurf des Hamburger Investors Matrix-Immobilien soll beschlossen werden. Im Vorfeld wurde die Hamburger Behörde bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gehört. Ein erweitertes Herold-Center würde den Großteil seiner Umsätze nicht in Norderstedt-Garstedt, sondern im Wesentlichen aus den angrenzenden nördlichen Hamburger Stadtteilen generieren, so urteilen die Hamburger. Gerade das Nahversorgungszentrum am Ochsenzoll habe schon in der Vergangenheit unter starken Kaufkraftabflüssen nach Norderstedt zu leiden gehabt. Mit viel Mühe und einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan sorge der Bezirk Hamburg-Nord gerade dafür, dass es neue Entwicklungsimpulse gibt. "Diese Entwicklung wird durch die Entwicklung des Herold-Centers massiv gefährdet."

Die Forderung der Hamburger: Die zusätzlich entstehende Einzelhandelsfläche im Süden des Centers müsse deutlich unter den geplanten 7000 Quadratmetern liegen, und sie müsse sich stärker am Norderstedter Einzugsgebiet orientieren. Außerdem sei ein unabhängiges Gutachten erforderlich, das die zu erwartenden Umsatzverteilungen prüft.

Die Norderstedter Stadtentwickler sehen die Situation naturgemäß genau andersherum. Norderstedt sei entlang der Achse Hamburg-Kaltenkirchen das Mittelzentrum und müsse sich der nicht unproblematischen Konkurrenz durch die gut erreichbaren Einzelhandelsstandorte in der Hamburger City, im Alstereinkaufszentrum und in Langenhorn stellen. Es komme trotz hohen Kaufkraftniveaus in Norderstedt zu einem hohen Abfluss "einzelhandelsrelevanten Marktvolumens". Die Süderweiterung des Herold-Centers sei erforderlich, um die Entwicklungspotenziale des Centers zu sichern. "Gerade dadurch, dass im Plangebiet in erster Linie nahversorgungsrelevante Sortimente vorgesehen sind, sind keine unvertretbaren Auswirkungen, etwa am Ochsenzoll, zu erwarten", urteilt das Amt für Stadtentwicklung. Was die Hamburger allerdings beruhigen dürfte, ist die Tatsache, dass sich die geplante Einzelhandelsverkaufsfläche im Süden des Herold-Centers tatsächlich deutlich unter 7000 Quadratmeter Fläche reduzieren soll. Die Stadt Norderstedt verfolgt nämlich den Plan, in dem Neubau die seit Langem geplante Zusammenführung von Volkshochschule und Stadtbücherei in einer Art Stadtteilzentrum zu realisieren.

Das Millionen-Projekt, das von der Matrix Projekt 7 GmbH + Co. Kg. aus Hamburg als Projektentwickler verwirklicht wird, befindet sich derzeit im ersten Bauabschnitt. Das Karstadt-Haus wird umgebaut und künftig auf einer Verkaufsfläche von etwa 10.000 Quadratmetern und mit einer neuen Sport-Abteilung das komplette Erdgeschoss beziehen. Im Obergeschoss wird der 3000 Quadratmeter große Saturn-Markt eingerichtet, daneben die Stellplätze auf dem bestehenden Parkdeck. Diese Arbeiten sollen bis Ende des Jahres schon weit fortgeschritten sein. Der zweite Bauabschnitt mit der Erweiterung in Richtung Süden soll sich nach Wunsch der Planer nahtlos im Jahr 2014 anschließen.

Die öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung beginnt am heutigen Donnerstag um 18.15 Uhr im Sitzungsraum 2 des Rathauses.