Im Streit um die Verkehrsüberwachung in Norderstedt will jetzt das Verkehrsministerium vermitteln. Norderstedt möchte die Hoheit über das Blitzgerät in seinen Stadtgrenzen.

Norderstedt. Es geht um die Macht über die Blitzgeräte in Norderstedt. Und da scheinen sich die Fronten zwischen der Stadtverwaltung Norderstedt und dem Kreis Segeberg zu verhärten. Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote würde im Stadtgebiet gerne in Eigenregie die Verkehrssünder maßregeln. Landrätin Jutta Hartwieg beharrt darauf, dass dies eine hoheitliche Aufgabe des Kreises ist.

Nach ergebnislos verlaufenen Verhandlungen eskaliert die Auseinandersetzung nun an der Segeberger Chaussee an einem "Starenkasten". Der Kreis betreibt dort auf Höhe der Einmündung des Hummelsbütteler Steindamms ein festes Blitzgerät. Seit Jahren war es außer Betrieb, weil die marode Straßendecke an der Stelle verhinderte, dass die Kamera verwertbare Fotos machen kann. Seit Anfang Juli ist die Straße saniert und das Blitzgerät wieder da. Doch mittlerweile sind dicht belaubte Äste eines Baumes direkt vor die Linse gewachsen. Den Baum stutzen darf nur die Stadt Norderstedt. Doch die setzt die Baumschere bislang nicht an. Der Kreis hat die Kamera mittlerweile wieder ausgebaut. Eine Posse nimmt seinen Lauf.

Norderstedt hat nichts gegen Blitzen. Die Stadt will es nur selber machen

"Uns hat der Kreis nicht mitgeteilt, dass er das Blitzgerät wieder in Betrieb nehmen möchte", sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Stadt Norderstedt. Der Kreis dürfe gerne dort für Verkehrssicherheit sorgen und Autofahrer mit mehr als 50 Kilometern pro Stunde auf dem Tacho blitzen. Da hätte die Stadt ja gar nichts dagegen, sagt Borchardt. Wenn die belaubten Äste beim Blitzen stören, macht er klar, dann dürfe diese aber der Kreis nicht eigenmächtig abschneiden. Bäume zurückschneiden, das sei eine hoheitliche Aufgabe der Stadt. "Wenn es eine Anfrage des Kreises gibt, werden wir den Baum gerne zurückschneiden", sagt Borchardt.

Das Problem mit den Ästen ist Matthias Schröder, dem Fachbereichsleiter Ordnungswesen beim Kreis Segeberg, noch gar nicht bekannt. "Wir haben die Kamera aus dem Blitzgerät Mitte Juli wieder ausgebaut, weil ein Unbekannter die Anlage zerstört hat", sagt Schröder. Der Täter habe die Scheibe vor der Kameralinse eingeschlagen, außerdem das ganze Gerät verschoben. Was dazu führe, dass juristisch verwertbare Fotos mit dem Blitzgerät nicht mehr möglich sind. "Wir warten derzeit darauf, dass die von uns beauftragte Firma das Gerät wieder repariert und justiert." Und die Sache mit den Ästen? Schröder: "Wenn die stören, werden wir natürlich auf die Stadt zugehen und darum bitten, dass sie gestutzt werden."

Was die Auseinandersetzung um die Macht am Blitzgerät zwischen Norderstedt und dem Kreis angeht, soll demnächst das Verkehrsministerium vermitteln. Oberbürgermeister Grote und Landrätin Hartwieg treffen sich Ende August zu einem Gespräch mit einem Ministerialrat in Kiel. Die Argumente beider Seiten sollen auf den Tisch kommen.

Das Blitzen spült Jahr für Jahr Millionen von Euro in die Kreiskasse

Norderstedt möchte die Hoheit über das Blitzgerät in seinen Stadtgrenzen. Die Stadt möchte im Zuge der Lärmminderung zunehmend Tempo-30-Zonen ausweisen. Die würden aber nur Sinn machen, wenn die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung regelmäßig kontrolliert würde. Dass Kreis und Polizei dies gewährleisten können, bezweifelt die Stadtverwaltung. Norderstedt würde sogar eine eigene Bußgeldstelle einrichten, das nötige Personal und die feste oder mobile Überwachungstechnik einkaufen.

Der Kreis hingegen möchte die Hoheit über die Verkehrsüberwachung behalten. Und das hat sicherlich haushalterische Gründe. Wer in die Haushaltspläne des Kreises blickt, der sieht, dass die Blitzgeräte jährlich einen stolzen Betrag in die Kreiskasse spülen. 2011 wurden im gesamten Kreis Segeberg etwa 170.000 Autofahrer geblitzt, 118.200 Verwarnungen wurden ausgesprochen und 21.400 Bußgelder verhängt. Netto blieben unter dem Strich 1,5 Millionen Euro für Kreisbehörde und Polizei. Nachvollziehbar, dass sich Landrätin Hartwieg nicht ohne Gegenwehr von den Einnahmen aus Norderstedt, der größten Stadt im Kreis, verabschiedet. Fachbereichsleiter Matthias Schröder: "Wir glauben nicht, dass die Stadt Norderstedt die Verkehrsüberwachung besser hinbekommen würde als wir." Es habe Angebote vom Kreis in Richtung Norderstedt gegeben. Kein Problem hätte die Kreisverwaltung mit einer exakten Absprache, wann und wo in welcher Tempo-30-Zone in Norderstedt kontrolliert werden soll. "Diese Form der Lärmminderung ist sinnvoll", sagt Schröder. Auch über die Einnahmen aus dem Blitz-Geschäft würde der Kreis reden. Fifty-fifty wäre vielleicht denkbar. "Es dreht sich alles um die Frage, wer den Hut auf hat, wer die Kosten trägt und wer die Gewinne bekommt. Aber letztlich gibt es kein Problem, das nicht mit sachlichen Argumenten gelöst werden kann", sagt Matthias Schröder.

Ob die Argumente des Kreises bei der Stadtverwaltung in Norderstedt noch fruchten, bleibt fraglich. Die Stadt wird nicht müde, vorzurechnen, dass von 100.000 Euro Einnahmen nur noch 21.500 in Norderstedt bleiben würden. Stetig steigende Kreisumlagen sind für Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote in rotes Tuch. Die Stimmung zwischen den beiden Kontrahenten war schon mal besser.