Die Mitglieder des Vereins für Deutsche Schäferhunde in Henstedt-Ulzburg sind sich einig: Die Ausbildung eines Hundes ist ein zeitaufwendiges Hobby.

Sitz!", ruft Jörg Niemeier, 44. Raska gehorcht aufs Wort und hockt sich auf ihr Hinterteil. Sie hat ihre Aufgabe, das Fährtenlesen, gut bewältigt. "Prima gemacht", lobt ihr Besitzer. Die vier Jahre alte Schäferhündin schaut ihn erwartungsvoll an. Jörg Niemeier holt ein kleines Stück Frikadelle aus seiner Tasche und gibt es ihr.

"Im Fährtenlesen war Harras auch hervorragend", berichtet der Gebäudereiniger und Besitzer von drei Schäferhunden aus Nahe. Sein Oldie ist inzwischen 13 Jahre alt und genießt seit drei Jahren das Rentnerdasein. Mit ihm hat Jörg Niemeier viel Zeit verbracht: "Die Ausbildung eines Schäferhundes ist ein zeitaufwendiges Hobby", sagt er.

Das sagt Verena Watzke, 29, auch. Die Streifenpolizistin aus Wakendorf II ist auf dem Übungsplatz unweit des Naturbades Beckersberg mit ihrer Hündin Paula in Aktion. Wieder geht es um Gehorsam. Und wenn Paula ihre Aufgabe erfüllt hat, holt sie sich selber ihr Leckerli aus einer kleinen Tasche, die Verena auf dem Rücken trägt.

Ein paar Schritte weiter steht Peter Pruehs, 72, der Vorsitzende des Vereins für Deutsche Schäferhunde, Ortsgruppe Ulzburg und Umgebung. Aufmerksam beobachtet er das Leben und Treiben auf dem Übungsplatz. Ständig heißt es: "Sitz"!, "Platz!", "Steh!", "Hopp!" oder "Bei Fuß"!

Neben Pruehs hockt sein Lieblingshund Untox, 22 Monate alt. Der kraftvolle Rüde hat seine Arbeit getan. Mehrmals ist er über ein Holzhindernis gesprungen, und jedes Mal hat er seinem Besitzer das 650 Gramm schwere Apportierholz, das er geworfen hatte, zurückgebracht.

"Von seinem Wesen her ist der Schäferhund freundlich und gutartig. Er greift nur an, wenn er gefordert wird", schrieb Pruehs aus Anlass des 50. Vereinsbestehens in der Jubiläumszeitschrift. "Er greift nur an, wenn er gefordert wird. Die Beschäftigung mit ihm und die Ausbildung müssen in guter Atmosphäre erfolgen. Hunde wollen beschäftigt werden."

Egal ob sie - wie in den beiden Weltkriegen - als Sanitäts- und Meldehund oder als Fährten-, Blinden-, Rettungs-, Lawinen-, Rauschgiftspür- oder als Polizeihund ausgebildet und eingesetzt werden.

In Thailand zahlen Hundefreunde bis zu 100.000 Euro für einen Welpen

Peter Pruehs, langjähriger Ausbildungswart und Leistungsrichter, hat Schäferhunde in der ganzen Welt beurteilt, vorgestellt und verkauft. "Reich wird man damit jedoch nicht", sagt er. "Es sei denn, man findet einen Käufer in Thailand. Dort bezahlen Hundefreunde bis zu 100.000 Dollar für einen Welpen."

Gerade hat Pruehs Post aus Sibirien erhalten. Galina Martynyk aus Tomsk, dem ehemaligen Militärstützpunkt des Zaren Boris Godunow, hat ihm eine E-Mail geschrieben: "Vicco ist gesund, ihm geht es gut." Ein Foto hat sie als Dateianhang beigefügt. Das Bild zeigt die russische Hundezüchterin bei einem Spaziergang in den sibirischen Wäldern zwischen zwei wohlgeratenen Deutschen Schäferhunden.

Einer der beiden ist Vicco, neun Monate alt. Galina kam mit der Züchterin Annelie Pruehs und Ehemann Peter über das Internet in Kontakt. Sie wurden sich schnell einig, denn der Rüde verfügt über eine erstklassige Abstammung. Die Russin holte den damals acht Wochen alten Welpen persönlich mit dem Flugzeug ab.

Vicco ist nur der Vorname des Hoffnungsträgers. Auf seiner "Geburtsurkunde" steht Vicco vom Götzberg. Diesen Nachnamen erhalten alle Schäferhunde, die im Zwinger der Familie Pruehs zur Welt kommen.

Mit deutschem Adel hat das nichts zu tun. Rassehunde mit Abstammungsnachweis haben meist einen langen Namen. Alt-Bürgermeister Heinz Glück züchtete vor seinem Umzug nach Henstedt-Ulzburg auch Schäferhunde, sie hießen Falko von Bimöhlen oder Jacko von Bimöhlen.

Untox vom Götzberg ist der neue Superstar im Hause Pruehs

Die Vornamen aller Geschwister in einem Wurf müssen mit dem gleichen Buchstaben beginnen. Wenn ein Anfänger-Züchter sich einen "Zwingernamen" ausgesucht und dieser vom Zuchtverband genehmigt und geschützt ist, beginnen alle Vornamen seiner Welpen des ersten Wurfes mit dem Buchstaben "A", beim zweiten Wurf mit "B" und so weiter im Alphabet.

Untox vom Götzberg, fünf Jahre alt, ist der neue Superstar im Hause Pruehs. Mit ihm will der Hausherr am 30. August zum Festival der Bundessieger nach Kassel fahren, der weltgrößten Zuchtschau des Vereins für Deutsche Schäferhunde e.V. Im Auestadion wird Untox vor 20.000 Zuschauern einer kritischen Jury vorgeführt werden und soll möglichst viele Punkte sammeln.

Vor 58 Jahren trat Peter Pruehs in den Ortsverein ein, seit 30 Jahren hat er das Zepter in der Hand. "Nun reicht es langsam", sagt er. Sein Nachfolger steht schon fest: Polizeihauptkommissar Sebastian Günther, 33, aus Wakendorf II, seit 2010 Vereinsmitglied und aktuell Ausbildungswart. Er soll im Jahr 2015 die Chefrolle im Verein übernehmen.

Sebastian Günther und seine Freundin Verena Watzke besitzen zwei energische und selbstbewusste Vierbeiner, aber keine Schäferhunde. Sie haben sich in American Bulldogs verliebt. Mit Bexter, 4, und Paula, 6, laufen sie durch die Schmalfelder Au und um den Itzstedter See, und manchmal toben sie mit ihnen auch am Nordseestrand in St. Peter-Ording.

"Ob Schäferhunde oder American Bulldogs", meint Peter Pruehs. "Hauptsache, wir bleiben ein Verein, in dem sich alle Mitglieder gut verstehen."

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen die Norderstedter Amateurfunker vor. Alle Folgen der Serie finden Sie auch im Internet.

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