Die Gemeinde Sülfeld ist seit einem halben Jahr ohne Pastor, Pensionierungswelle steht vor der Tür

Kreis Segeberg. Noch ist der Fall der Kirchengemeinde Sülfeld ein Sonderfall in der Region: Seit dem Weggang von Pastor Michael Dübbers nach Schleswig ist die Pfarrstelle vakant. Sülfeld hat seitdem also keinen eigenen Pastor, auch wenn seit einer Woche Jochen Müller-Busse die Pfarrstelle vertritt. Zuvor wollte die Kirchengemeinde einen Bewerber nicht, eine andere Bewerberin schon. Die zog jedoch kurz nach ihrer Wahl zurück. Auch derzeit gibt es eine Bewerbung, aber mehr nicht. Die aktive Gemeinde im Osten des Kreises Segeberg findet einfach nicht den richtigen Stelleninhaber. Dabei sind die Voraussetzungen gut: Das alte Pastorat wurde erst vor gut zehn Jahren für viel Geld renoviert, und es gibt viele ehrenamtliche Mitarbeiter.

Laut Ulrich Bärwald, dem Vorsitzenden des Sülfelder Kirchengemeinderats, steht die Gemeinde in Verbindung mit dem Kirchenamt in Kiel. Vielleicht meldet sich Anfang 2014 ein junger Pastor, der frisch aus der Ausbildung kommt. In Sülfeld wird es also auf die eine oder andere Weise einen neuen Pastor geben - Probleme, die Pfarrstellen zu besetzen, wird es jedoch in Zukunft immer häufiger geben.

Laut Propst Karl-Heinrich Melzer vom Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, der auch für Norderstedt zuständig ist, ist der Pastorenmangel in der Region rund um Hamburg noch kaum zu spüren. "Am besten haben es im Moment die Gemeinden, die in den Ballungszentren liegen", sagt er. Während im Osten der Nordkirche, im Kirchenkreis Pommern, es bereits schwer ist, frei werdende Pfarrstellen zu besetzen, ist es im Kreis Segeberg noch leichter. Der Fall Sülfeld sei da eher die Ausnahme, so Melzer.

Aber das dürfte sich ändern. "Anfang der 2020er-Jahre werden die Pensionierungszahlen sprunghaft steigen", erklärt Melzer. Dann werden knapp 100 Pastoren pro Jahr in der Nordkirche pensioniert, während derzeit nur etwa 30 Vikare pro Jahr ihre Ausbildung abschließen. "Wir brauchen deutlich mehr." Die Nordkirche, deren Leitung der Propst angehört, hat deshalb eine Ausbildungsoffensive gestartet. "Wir müssen die jungen Leute jetzt motivieren, Theologie zu studieren und ihnen klar machen, dass sie eine Perspektive haben."

Genau diese Perspektive für angehende Pastoren sah bis vor kurzem nicht besonders rosig aus. Auch wer bereits ordiniert war, hatte es nicht immer leicht, eine Stelle zu finden. In der aktuellen Situation hingegen können sich die Pastoren die Stellen fast schon aussuchen. Eine neue Situation für Propst Melzer, der sich acht Jahre lang eine Stelle mit seiner Frau teilen musste. Aber auch für den Naher Pastor Jobst-Ekkehard Wulf. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Pastorenverbandes der Landeskirche und beobachtet den Pastorenmangel mit Sorge.

"Viele Kolleginnen und Kollegen können sich einen Lebenslauf auf dem Land nicht mehr vorstellen", sagt Wulf. "Man ist sehr eingespannt, rund um die Uhr." In der Stadt könne man sich eher Freiräume schaffen. Auf dem Land hingegen spielt die Residenzpflicht für Pastoren - sie müssen im Pastorat leben - eine Rolle. Das hat laut Wulf allerdings auch einen Vorteil: "Man hat einen ganz anderen Zugang zu den Menschen." Er wisse das in seinem 25. Jahr in Nahe sehr zu schätzen. Für die Kirchengemeinden komme es für die Zukunft verstärkt darauf an, den Arbeitsplatz für den Pastor attraktiv zu halten. Das gelte insbesondere auch für das Pfarrhaus, wenngleich sich der Naher Pastor durchaus vorstellen kann, dass die Residenzpflicht aufgeweicht wird. "Es ist richtig, zu erwarten, dass die Pastorin oder der Pastor im Notfall erreichbar und am Einsatzort sein sollte. Ob das aber an ein bestimmtes Haus gebunden sein muss, möchte ich in Frage stellen."

Auch Propst Kurt Riecke vom Kirchenkreis Altholstein will über die Residenzpflicht im Pastorat diskutieren. "Jeder baut ein Häuschen, nur der Pastor hat nach dem Ruhestand kein Haus", sagt er. Dass in seinem Bereich - er ist für den westlichen Kreis Segeberg nördlich von Norderstedt zuständig - derzeit zwei halbe Pfarrstellen nicht besetzt werden können, hat allerdings einen anderen Grund. "Für Teilzeitstellen gibt es kaum Bewerbungen", sagt er. Wenn wie in Kaltenkirchen durch den Weggang von Susanna Kschamer jedoch eine volle Stelle frei wird, dürfte es das Problem nicht geben. Riecke: "Die Stelle wird gut zu besetzen sein."

Eine der beiden offenen halben Pfarrstellen in Altholstein ist zur Entlastung von Pastor Michael Schulze in Henstedt-Rhen gedacht. Über ein Punktesystem wurde die Arbeitsbelastung in den verschiedenen Kirchengemeinden evaluiert und herausgekommen sei, dass er deutlich mehr als eine Pfarrstelle ausfüllt. Dass es keine Bewerbung für die halbe Stelle gab, wundert ihn nicht. "Das ist eigentlich nur etwas für Frauen, die nach der Kinderzeit wieder einsteigen", sagt er. Deswegen wollen die Rhener jetzt sammeln. Zum einen wollen sie sich mit der Henstedter Erlöserkirche zusammentun, der eine Pfarrstelle von 25 Prozent zusteht. Für den Rest der 100 Prozent sollen die Menschen auf dem Rhen spenden.

Allerdings werde es nicht leicht, das Geld zusammenzusammeln, meint Schulze. Schließlich finanzieren die Gläubigen bereits eine halbe Stelle ihres Kirchenmusikers sowie ein Drittel des Jugenddiakons aus der eigenen Tasche. Schulze will deshalb neue Leute ansprechen und hat einen Wunsch: "Mein Traum wäre jemand, der deutlich jünger ist." Wenn genügend Geld zusammen kommt, könnte Schulze nach 17 Jahren weitere Projekte wie ein Seelsorgezentrum angehen. Und mit aus Spenden finanzierten Pfarrstelle vielleicht ein Modell für Gemeinden abgeben, die ebenfalls Schwierigkeiten haben, Teilzeitstellen zu besetzen.