Norderstedts Baudezernent muss sich der Wiederwahl stellen. Laut CDU-Fraktion steht die völlig in den Sternen

Norderstedt. Baudezernent in Norderstedt zu sein, ist ein herausfordernder Job mit großer Gestaltungsmacht bei der Entwicklung einer jungen Stadt und ihrer Infrastruktur. Doch auch die beim Bürger und in der Politik umstrittenen Großbauprojekte, etwa die Ochsenzoll-Kreuzung oder die Verlängerung der Oadby-and-Wigston-Straße, liegen in seiner Verantwortung. Viel Planung, viele Verfahren, viel Einspruch und Kritik - und nur selten Lob.

Thomas Bosse, 57, macht den Job nun schon seit 2001. Zweimal wurde der studierte Raumplaner von der Politik auf den Chefsessel des Dezernates III, dem Amt für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr, gesetzt. Jetzt muss er sich der Wiederwahl stellen. Und die stehe, wie es der CDU-Fraktionsvorsitzende Gert Leiteritz sagt, "völlig in den Sternen".

Am Dienstag, 6. August, tagt die Stadtvertretung zum ersten Mal nach der Sommerpause. Einziges Thema in nicht öffentlicher Sitzung: Die Vorstellung der Bewerber und Bewerberinnen für die Stelle des Stadtrates im Dezernat III. Inklusive Bosse werden sich den Kommunalpolitikern sieben Kandidaten präsentieren.

"Das Rennen ist absolut offen", sagt Leiteritz, der die größte Fraktion der Stadtvertretung anführt. "Bosse geht natürlich als Platzhirsch ins Rennen. Das ist sein Vorteil. Doch wir wollen uns die anderen Bewerber genau anschauen." Fachlich sei Bosse in der CDU unumstritten. "Doch es ist kein Geheimnis, dass es in der Vergangenheit Kommunikationsprobleme mit dem Bürger und der Politik gab", sagt Leiteritz.

Auch in den anderen Fraktionen wird das ähnlich gesehen. Reimer Rathje, Chef von Wir in Norderstedt (WIN), erinnert sich noch gut an den Wahlkampf zur Kommunalwahl. "Die Bürger klagten bei uns immer wieder über die Kommunikation mit dem Bauamt. Da gab es viele schlechte Kritiken für Bosse." Rathje sagt, als Politiker müsse man das ernst nehmen und deswegen Alternativen genau prüfen. "Dafür wurden wir gewählt."

Ausbaufähig nennt SPD-Chef Jürgen Lange die Kommunikation des Bauamtes mit dem Bürger. "Doch Bosses Sachkunde und sein Arbeitseinsatz für diese Stadt sind sehr gut." Katrin Schmieder von Bündnis90/Die Grünen erlebt den Baudezernenten derzeit als Neuling in der Stadtvertretung zum ersten Mal als Politikerin. "Bisher hatte ich nur als Bürgerin mit ihm zu tun. Da war die Kommunikation eigentlich gut." Die Grünen lassen sich die Wahl völlig offen. Die Fraktion Die Linke hält es genauso. Miro Berbig, der Fraktionschef, bricht aber eine Lanze für den Amtsinhaber: "Er hat nicht den leichtesten Job in der Stadtverwaltung und muss oft für Dinge gerade stehen, die er nicht zu verantworten hat." Einzig FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder lässt durchblicken, dass die Wiederwahl Bosses aus seiner Sicht ein Selbstgänger ist. "So viele tolle Bewerber gibt es gar nicht", sagt Schroeder.

Thomas Bosse hatte bei seiner Wiederwahl 2007 schon Selbstkritik geübt und bei der Vermittlung von Verwaltungshandeln nach außen Besserung gelobt. Abgeliefert hat er auch: Er stellt sich bei etlichen Einwohnerversammlungen, bietet Busrundfahrten zum Thema Stadtentwicklung an und rannte während der Bauphase der Landesgartenschau bei Wind und Wetter mit Hunderten von Bürgern über die Baustelle am Stadtparksee. Auf Soll-Seite steht unter anderem die dauerverzögerte Baustelle am Ochsenzoll, über die sich viele Bürger schlecht informiert fühlen.

Doch allen Widrigkeiten zum Trotz sagt Thomas Bosse: "Ich werfe meinen Hut in Ring." Denn er mag seinen Job und die Herausforderung. Es wäre seine dritte Amtszeit als Baudezernent und mutmaßlich seine letzte. Er wird 63 Jahre alt sein, wenn die nächste Wahl 2019 ansteht. "Es gibt noch einige Dinge in der Stadtentwicklung, die ich gerne gestalten würde." Die großen Projekte sind in Norderstedt erledigt oder im Werden. Gert Leiteritz sagt, die Landesplanung schränke umfassende Visionen in der Stadtplanung deutlich ein, die Gewerbegebiete der Stadt seien erschlossen, die großen Wohnbauflächen ebenfalls. Bosse sieht die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt im Detail. "Norderstedt soll attraktiver werden als die Stadt derzeit an ihrer Hauptverkehrsstraße erscheint." Die Umgestaltung der Ulzburger Straße und die Aufwertung der Segeberger Chaussee möchte er dagegensetzen. Für den Ausbau des Radverkehrs sieht er jetzt die "politischen Rahmenbedingungen" als gegeben an. "Wir wollen das Profil der Stadt im Grünen schärfen und gemeinsam mit den Bürgern den Moorbekpark, den Ossenmoorpark und den Schmugglerpark aufwerten", sagt Bosse.

Nachdem sich die Politik am Dienstag ein Bild von den Kandidaten gemacht hat, werden sich die Fraktionen in der Folge über die passende Besetzung der Position abstimmen und mögliche Mehrheiten ausloten. Die Wahl des Dezernenten ist für die Sitzung der Stadtvertretung am 10. September vorgesehen.