Das Gebrauchtwarenhaus Hempels ist bei den Bürgern angekommen. Vor einem Jahr wurde es eröffnet. Jetzt feiert das Team den ersten Geburtstag.Norder

Norderstedt. Eine Schlange an der Kasse, Menschen, die stöbern, Schallplatten begutachten, Stiefel anprobieren, eine Glaskaraffe gegen das Licht halten: Leben herrscht im Kaufhaus. Das Angebot trifft auf Resonanz, das Gebrauchtwarenhaus Hempels ist bei den Bürgern angekommen. Rund 600.000 Euro Umsatz pro Jahr sind kalkuliert - eine Summe, die dazu dient, die Müllgebühren in der Stadt stabil zu halten. Genau vor einem Jahr hat das Warenhaus für Ausrangiertes erstmals seine Türen geöffnet, jetzt feiert das Team mit den Norderstedtern und einem bunten Fest den ersten Geburtstag. Am Sonnabend, 10. August, gibt es eine Menge Spaß für die ganze Familie, verspricht Hempels-Chef André Klinger (s. Info-Kasten). Und 20 Prozent auf alles, was das Sortiment hergibt.

"Wir möchten uns bei unseren Kunden dafür bedanken, dass sie die Wiederverwertung und Müllvermeidung auf der einen und die Chance, für wenig Geld zu kaufen, auf der anderen Seite so gut annehmen", sagt Klinger. Zwischen 250 und 350 Kunden stöbern täglich auf der rund 1700 Quadratmeter großen Verkaufsfläche mit dem umfassenden Sortiment. "Gebrauchte und gut erhaltene Kleidung ist der Renner", sagt Klinger. Gerade haben er und sein Team umgebaut und mehr Platz für die Ständer mit Jacken, Hosen und Mänteln geschaffen. Auch Porzellan und Gläser gehen gut - alles, was im Haushalt gebraucht wird.

Stammkunden werden schon mit Handschlag begrüßt

"Und Schallplatten sind nicht tot zu kriegen", sagt der Warenhaus-Chef, der die Stammkunden schon mit Handschlag begrüßt und fein unterscheidet zwischen denen, die jeden Tag, jeden zweiten oder nur jeden dritten Tag auf der Suche nach Schnäppchen sind. Und das seien nicht nur Menschen mit schmalem Haushaltsbudget, Hempels ist auch nicht als Sozialkaufhaus für Bedürftige konzipiert, sondern als Second-Hand-Haus für jedermann. "Und wir haben hier auch tatsächlich diejenigen, die mit einem Porsche Carrera Cabrio vorfahren und eine ganz bestimmte Rarität suchen", sagt Klinger. Das können Sets mit alten Golfschläger sein oder ein alter Cocktail-Sessel.

Selbst die Stammkunden verlassen manchmal mit leeren Händen, aber nachhaltigen Eindrücken das Gebrauchtwarenhaus. Möbel und alles, was da in den Räumen gegenüber von Famila an der Stormarnstraße an Fundstücken aus der Vergangenheit seinen Platz gefunden hat, erzählen Geschichten, erinnern an die Kindheit, an das Zuhause mit Nierentisch und Perserteppich. Es war auch einer dieser bunten Bodenbeläge, der bisher den Rekorderlös in die Hempels-Kasse gebracht hat: 1000 Euro. "Solche Stücke werden übrigens nicht nur von Älteren gekauft, sondern auch von Jüngeren, die sich damit auskennen und wissen, dass sich die Teppiche für wenig Geld reinigen lassen", sagt Klinger.

Die meisten Kunden kommen aus Norderstedt und Umgebung, aber auch vereinzelt aus München und sogar aus Polen. Dorthin hat Klinger eine alte Orgel verkauft. Die stand über viele Jahre in einer Norderstedter Friedhofskapelle und genügte den Anforderungen nicht mehr. "Der polnische Organist hat extra den Pastor mitgebracht, um das gute Stücke begutachten zu lassen, und bei uns im Kassenraum Probe gespielt", erinnert sich Klinger. Nun kommt das Instrument noch 850 Kilometer entfernt von Norderstedt zur Geltung. Andere finden in der Möbel-Ausstellung den Ersatz für das alte und marode Sofa, das das Ensemble in der Ferienhauswohnung ergänzt.

Wie setzen sie die Preise fest? "Da haben wir inzwischen Erfahrungswerte. Wir greifen aber auch auf die Kenntnisse regelmäßiger Flohmarktgänger zurück, wichtigster Helfer ist aber das Internet", sagt Klinger. Dort recherchieren er und seine Kollegen, zu welchem Preis Sessel, Bilder und andere Artikel angeboten werden. "Bei uns zahlen die Kunden immer einen Tick weniger", sagt der Warenhaus-Leiter. Das Internet nutzten auch die Profis, die ebenfalls immer mal wieder durchs Kaufhaus stöberten. Sie seien daran zu erkennen, dass sie vor einem Objekt ihrer Wahl verharren, das Smartphone zücken und den Online-Preis aufrufen.

Alte Röhren-TV nimmt das Hempels-Team nicht mehr an

Es gibt auch Artikel, die ohne Chance auf neue Besitzer zu Ladenhütern werden. Alte Röhren-TV nimmt das Hempels-Team nicht mehr an, Schränke, die breiter sind als 2,50 Meter auch nicht. "Da gibt es zwar echte Prachtstücke, die deutlich größer sind. Doch was im großen Wohnzimmer toll aussieht, passt meist nicht in die Wohnungen unserer Hauptkundschaft", sagt Klinger. Schränke würden ohnehin nur verkauft, wenn sie aufgebaut sind.

Dafür ist das 16-köpfige Mitarbeiter-Team zuständig. Denn der zweite wichtige Warenhaus-Bereich neben dem Verkauf, ohne den Hempels nicht überleben könnte, ist die Warenannahme. 60 bis 90 Anlieferungen pro Tag nehmen die Mitarbeiter entgegen, nach Feiertagen wie Weihnachten und Ostern, wenn die Menschen Zeit haben, Keller und Böden zu entrümpeln, sind es auch schon mal 30 Anlieferungen mehr. "Die alte Frau mit der Plastiktüte kommt genauso zu uns wie das Ehepaar mit dem Pferdeanhänger, der bis unters Dach mit alten Möbeln vollgestopft ist", sagt der Hempels-Chef. Geistig behinderte Menschen von den Norderstedter Werkstätten helfen, die Gegenstände anzunehmen und zu sortieren. "Es stört unsere Kunden überhaupt nicht, dass das auch mal eine Minute länger dauern kann. Im Gegenteil: Sie honorieren, dass die Menschen bei uns arbeiten können", sagt Klinger.