Das Gebiet Siebenstücken dient in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg aus Ausgleichsfläche für gefährdete Vögel.

Henstedt-Ulzburg. "Merle ist mutig", sagt Cai-Hendrik Schröder und pfeift die schwarze Kuh heran, die an der Spitze der Herde marschiert und langsam auf ihn zukommt. "Ich kenne jede mit Namen", behauptet Jungbauer Schröder.

Merle ist zutraulich, beinahe hätte Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf das Rindvieh bei ihrer Erkundungstour im Naturraum Siebenstücken sogar streicheln dürfen. Im letzten Moment drehte Merle ab.

21 Angus-Rinder, darunter zwei Bullenkälber, haben auf einer 30 Hektar großen Fläche am Autobahnzubringer zur A 7 eine neue Heimat gefunden. Diese Robustrinder, eine Rückzucht der Auerochsen (Urrinder) haben sich bei der Beweidung bewährt. Sie leben das ganze Jahr über im Freien und brauchen wenig Pflege. Der Besatz mit Angus-Rindern soll die biologische Vielfalt besser fördern als das regelmäßige Mähen von Gras und Getreide.

Das Gebiet, viele Jahre als Ackerland bewirtschaftet, dient als Ausgleichsfläche für bereits erschlossene und noch zu erschließende gewerbliche Bauflächen auf der anderen Seite der Landesstraße 236. Das ist Vorschrift des Gesetzgebers und resultiert aus den Eingriffen in den Naturhaushalt.

Der Naturraum Siebenstücken soll Ersatzlebensraum für geschützte und gefährdete Offenlandvögel wie Austernfischer, Fasane, Flussregenpfeifer und Feldlerchen werden, die dem Gewerbebau weichen müssen. "Zehn Jungstörche sind hier gesichtet worden, auch Rotschenkel waren dabei.", sagt Landschaftsarchitektin Petra Walz.

Die besonders gefährdeten Kiebitze, die bei der letzten Zählung mit zwölf Brutpaaren im neuen Gewerbegebiet einen bemerkenswerten Bestand aufwiesen, haben den Flug über den Autobahnzubringer noch nicht gewagt.

"Kiebitze sind besonders vorsichtig, die schauen sich erst einmal um in der neuen Umgebung", sagt Manja Biel von der Wirtschaftsförderung der Gemeinde. Der Kiebitz steht auf der Roten Liste in Schleswig-Holstein.

Landschaftsarchitektin Petra Walz, in der Gemeinde für Grünplanung und Umwelt zuständig, hatte vor etwa sechs Jahren die Idee. "Ich bin zum damaligen Bürgermeister Volker Dornquast gegangen und habe ihm von meinen Vorstellungen, wie man gute Ausgleichsflächen schafft, erzählt", erinnert sie sich. Dornquast überlegte nicht lange: "Gut, bringen Sie mir Ihr Konzept." Das war der Start.

Knapp 750.000 Euro investiert die Gemeinde in die naturnahe Flächengestaltung, zu der auch ein Regenrückhaltebecken gehört. Profitieren werden nicht nur Offenlandvögel, sondern auch das Rehwild.

Nach den geschaffenen Ausgleichsflächen gehen die Planungen für die gewerbliche Nutzung des Geländes hinter und neben dem 2010 eröffneten Logistikzentrum der Firma Caterpillar in die Zielgerade. Der Motorenhersteller besitzt innerhalb des Bebauungsplanes 127 noch eine Kaufoption auf anschließendes Gelände. Bei weiteren Flächen gibt es, so Manja Biel, konkrete Nachfragen oder sie sind erschlossen und damit verfügbar.

Was den Bebauungsplan 126 betrifft, hat sich die Handelskette Netto, nach Aldi und Lidl drittgrößter Lebensmittel-Discounter in Deutschland, ein 23 Hektar großes Grundstück für ein Logistikzentrum gesichert. Der Betrieb mit 55 Mitarbeitern soll im Jahr 2015 aufgenommen werden. "Netto kommt gerne, das spricht für unsere Gemeinde", sagt Manja Biel.

Das Gelände, für das Netto 55 Euro pro Quadratmeter bezahlt, wird derzeit von Bauern noch als Rapsfeld genutzt.