Angeklagter stört sich am Bierkonsum des Nachbarn. Opfer wird durch Notoperation gerettet

Norderstedt. "Es hatte sich einiges an Aggressionen aufgestaut und das entlud sich", so fasste Amtsrichter Jan Buchert als Vorsitzender des Schöffengerichts am Norderstedter Amtsgericht die Beweggründe zusammen, die den Angeklagten Manfred S., 46, aus Kaltenkirchen dazu brachten, an einem Nachmittag Anfang Mai letzten Jahres den Freund eines Wohnungsnachbarn vor einem Mehrfamilienhaus am Wulfskamp mit einem Messer schwer zu verletzen. Das Opfer der Messerattacke, Thomas H., 54, wurde an der Leber verletzt und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden.

Aber auch der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagte Manfred S. erlitt bei der Auseinandersetzung Schnittwunden, denn Thomas H. hatte sogar zuerst ein Messer gezückt und seinen Kontrahenten an den Armen verletzt. Das Verfahren gegen H. ist inzwischen eingestellt worden.

Im Prozess legte der Angeklagte ein Geständnis ab. Es sei alles richtig, er habe nach einem Streitgespräch mit H. diesen geschlagen, umgekehrt habe ihn H. mit einem Messer verletzt, woraufhin er selbst die Messerattacke gestartet habe. Zeugen berichteten vor Gericht von einem Stoß des Angeklagten mit dem Kopf in das Gesicht seines Gegners - dann habe Thomas H. den Angeklagten im Verlauf eines Gerangels mit dem Messer verletzt, da dieser ihn an seinem Halstuch festgehalten und ihm die Luft abgeschnürt habe.

Als er das Blut an seinen Armen gesehen habe, sei in seinem Kopf etwas ausgehakt, so erklärte der Angeklagte sein weiteres Handeln. Er habe sich rächen wollen und deshalb aus seiner Wohnung drei Fleischer-, beziehungsweise Brotmesser geholt. Anschließend sei er hinausgelaufen und habe eines der Messer in die Brust seines Opfers gestoßen. Ein Freund des Opfers zog den blutenden H. vom Tatgeschehen in den Hausflur und verrammelte die Tür.

Nachfragen ergaben, dass der Angeklagte sich schon seit längerer Zeit daran gestört hatte, dass vor dem Hauseingang beinahe täglich sein Nachbar Gerd P., 57, gemeinsam mit dessen Freund Thomas H. Bier zechte.

"Wenn man dort vorbeiging, wurde man oft von den Trinkenden in unangenehmer Weise angesprochen oder bepöbelt", so der Angeklagte.

Am Tattag hatte der Angeklagte die beiden Zecher auf ihren Bierkonsum angesprochen, worauf diese antworteten: "Geh doch nach Hause und zieh Dir Deine Drogen rein." Diese Worte brachten das Fass zum Überlaufen.

Die Vorstrafenliste des gelernten Fleischers ist lang, es handelt sich um die typischen Delikte im Zusammenhang mit Drogenkonsum. Allerdings ließ sich der Angeklagte seit 2006 nichts mehr zuschulden kommen.

Das alles vermerkt der Richter neben dem Geständnis des Angeklagten als positiv. Auch die Tatsache, dass der Angeklagte provoziert wurde, wird berücksichtigt. Das Urteil: ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Außerdem muss der Angeklagte zusätzlich 200 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten.