Ein Trappenkamper Unternehmen züchtet Algen für Nahrungsergänzungsmittel und entwickelt zukunftsträchtige Ideen für Europa.

Trappenkamp/Gönnebek. Wenn Heinz Schelwat ins Reden kommt, dann kann es dauern. Aber der Geschäftsführer des Trappenkamper Unternehmens Sea & Sun Technology hat auch viel zu berichten. Und er sprudelt vor neuen Ideen, schießt manchmal in der Wortwahl über das Ziel hinaus und muss von seiner Stellvertreterin Wiebke Müller-Lupp gebremst werden. Da kommt es Schelwat gerade recht, dass seine neueste Geschäftsidee dem umtriebigen Geschäftsmann noch mehr Kraft und Stressresistenz, aber möglicherweise auch mehr Gewinn bringt.

Denn Schelwat will Algen züchten. Unter anderem die Alge Haematococcus, aus der der Wirkstoff Astaxantin extrahiert werden kann. Das Ziel des Trappenkampers ist es, Nahrungsergänzungsmittel zu produzieren. Kleine Pillen, die den Menschen ein besseres Lebensgefühl bringen. Sea & Sun Technology kommt es dabei gelegen, dass es in Deutschland bislang wenig industrielle Algenproduktion gibt.

Für Schelwat ist es deshalb ideal, dass er vor einiger Zeit im benachbarten Gönnebek gleich das ganze Gewächshaus inmitten der Gartensiedlung aufgekauft hat. Eigentlich habe er seine Lebensgefährtin nur beim Tomatenkauf begleiten wollen, erzählt er. Nun entstehen in dem Komplex von 6000 Quadratmetern mit Wasser gefüllte sogenannte Flachbett-Reaktoren, in denen sich die Haematococcus-Algen vermehren. Bestenfalls verdoppeln sie sich im Laufe eines Tages.

Von der Wirkung des Stoffes Astaxantin, der unter anderem Herzkrankheiten vorbeugen helfen und chronische Entzündungsprozesse lindern soll, ist Schelwat überzeugt. "Man hat das Gefühl, es ist einfach Dampf da", sagt er. Bei ihm halt noch mehr Dampf als sonst. Schelwat muss es wissen, er bezieht bereits Pillen mit Astaxantin - aber von Hawaii. Der andere Hersteller sitze in Israel. Das soll nicht mehr lange so bleiben, denn die Trappenkamper befinden sich in der Endphase der Produktentwicklung. "Wir entwickeln gerade die Marke, die Verpackung und was alles gebraucht wird", fasst Schelwat zusammen.

Karsten Pankratz, bei Sea & Sun für die Abteilung Organic verantwortlich, berichtet, dass weltweit die Nachfrage nach Algen größer sei als das Angebot. Deswegen könnte sich das Geschäftsfeld lohnen. In Gönnebek entstehen deshalb neben den Flachbett-Reaktoren für die Produktion der Haematococcus-Alge große Bassins für die Produktion von Nannochloropsis-Algen. Diese enthalten die lebenswichtigen Omega-3-Fettsäuren und eignen sich daher für die Produktion eines zweiten Nahrungsergänzungsmittels. Die Algen sollen sich in zwei Becken mit jeweils 50.000 Liter Fassungsvolumen gezielt vermehren. Laut Schelwat hat das Unternehmen bislang 1,5 Millionen Euro in die Forschung und Produktentwicklung im Algen-Sektor gesteckt, weitere 2,5 Millionen Euro sollen folgen.

Eine Zukunftsperspektive für Fischer und Gärtner in ganz Europa

Damit aber nicht genug. Denn Schelwat und seine Mitarbeiter arbeiten an weiteren Neuerungen. Ursprünglich als Hersteller von Photovoltaikanlagen für die Sonne und Messtechnik für die See gestartet, könnte eine Symbiose aus Tier- und Pflanzenproduktion sowohl vielen Fischern als auch vielen Gärtnern in Europa eine Zukunftsperspektive bieten.

Zumindest sieht dies die SPD-Europaabgeordnete Ulrike Rodust so, die bei einem Besuch des Trappenkamper Unternehmens insbesondere über die Verbindung von Aquakultur und Gärtnerei sprach. Denn hier könnte ein prototypisches Kreislaufprojekt entstehen, mit denen Probleme in vielen Regionen der EU angegangen werden könnten.

Das Projekt selbst ist schnell beschrieben: Die Fische im Wasser erzeugen Abwasser, in Aquakulturen ein großes Problem. Dieses Abwasser könnte aber auch als Dünger in der Gärtnerei eingesetzt werden. Etwa zur Produktion von Tomaten. Oder aber auch für weitere Algen, beispielsweise als Larvenfutter. Dies probiert Sea & Sun Technology in Kooperation mit einem Fischer aus Bornhöved derzeit in Gönnebek aus. Eine Zusammenarbeit zwischen Gartenbau in der Landwirtschaft und Fischzucht könne für beide Seiten ein Gewinn sein, so Ulrike Rodust.

Sie denkt dabei insbesondere an Regionen in Spanien oder Portugal: "Es gibt zu viele Schiffe und zu wenig Fische. Es braucht Alternativen." Aufgrund der Überfischung der Meere wäre es eine Alternative für die Fischer, wenn sie an Land in Aquakulturen Fische aufziehen - nach der Idee aus Trappenkamp mit der örtlichen Landwirtschaft zusammen, die ebenfalls kriselt. Aber bis das passieren kann, muss noch weiter geforscht werden. Dafür könnte Sea & Sun aus Brüssel Geld bekommen.

Für Schelwat und sein Unternehmen gibt es also noch viel zu tun. Unter anderem auch bei der Frage, wie der energieintensive Gartenbau in Gönnebek und anderswo künftig kostengünstig mit Wärme versorgt werden kann. Ideen gibt es bereits, und damit dem umtriebigen Heinz Schelwat selbst die Energie nicht ausgeht, setzt er weiter auf Astaxantin. Bald aus eigener Produktion.