Die Kirchengemeinde Kaltenkirchen startet eine Spendenaktion für die Familie in Nützen. Die achtjährige Amelie braucht ein Spezial-Fahrrad.

Nützen. Amelie ist acht und träumt von einem Fahrrad, ihrem ersten. Doch während die meisten Kinder in ihrem Alter längst auf zwei Rädern zur Schule oder zur Oma fahren, ist der Wunsch des kleinen Mädchens aus Nützen nicht so einfach zu erfüllen. Amelie Tepelmann leidet an starken Entwicklungsstörungen. Sie braucht ein Spezialrad, das ihre Eltern sich nicht leisten können; denn die Sonderanfertigung kostet 4800 Euro.

Die evangelische Kirchengemeinde Kaltenkirchen, zu deren Pfarrbezirk Nützen gehört, hat von dem Wunsch des Mädchens erfahren und Hilfe zugesagt. Pastor Tilmann Fuß hat eine Spendenaktion gestartet.

"Am liebsten möchte ich mit dem Fahrrad meine Freunde besuchen", sagt Amelie. Das Mädchen streichelt die Katze, will dann etwas zu trinken, spielt ein paar Momente auf dem Fußboden. Ihre Aufmerksamkeit springt schnell, denn Amelie leidet an Wahrnehmungs- und Entwicklungsstörungen. Unter anderem hat sie das Tripple-X-Syndrom, einen Gendefekt. Sie kann Eindrücke schlecht filtern und hat körperliche Schwächen - zum Beispiel Probleme mit dem Gleichgewicht. Viermal pro Woche muss Amelie zur Therapie, ist epilepsiegefährdet.

Trotzdem ist die Achtjährige ein aktives Kind, lässt sich nicht unterkriegen. Jeder in Nützen kennt Amelie, ihr Markenzeichen ist der rote Tretroller, mit dem sie in der Gemeinde unterwegs ist. Der Roller aber ist bald zu klein und sie schafft damit keine längeren Strecken. Arzt und Eltern sind sich einig: Amelie braucht ein Spezialrad, ein Liegerad, denn ein normales wäre für sie zu gefährlich. Nur wovon bezahlen? Die Eltern Ramona und Norman Tepelmann schrieben eine Mail an die Kirchengemeinde Kaltenkirchen.

Pastor Tilmann Fuß las den Hilferuf und fand den Wunsch des kleinen Mädchens sofort unterstützenswert: "Mit diesem Liegerad versorgen wir sie nicht einfach nur in dem Sinn, dass sie schneller und umweltfreundlich vorwärts kommt. Wir fördern zugleich Amelies eigene Chancen, ihre Entwicklung und Entfaltung. Deshalb ist es für unsere Kirchengemeinde eine so gute Aktion." Der Kirchengemeinderat war ebenfalls schnell von dem Projekt überzeugt und genehmigte die Hilfsaktion. Und das, obwohl Tepelmanns keine Kirchenmitglieder sind. Doch das war für die Kaltenkirchener Gemeinde kein Hindernis. "Diakonie und Nächstenliebe fragen nicht nach Konfession", sagt Pastor Fuß. Jetzt sammelt die Gemeinde Spenden für Amelies neues Liegerad und sucht viele Unterstützer.

Amelies Wunschrad ist therapeutisch anerkannt, es fördert die Muskulatur, wächst mit. Das Fahren ist nicht so anstrengend wie auf einem normalen Rad, der tiefe Schwerpunkt verhindert, dass Amelie beim Treten umkippt. Doch der medizinische Dienst der Krankenkasse würde ein solches Sondermodell nicht bezahlen, sondern nur ein klassisches Dreirad, auf dem der Fahrer hoch über der Straße sitzt. "Das wäre nichts für ein ungestümes Kind mit Gleichgewichtsstörungen, das droht in jeder Kurve zu kippen", sagt Vater Normen Tepelmann. Die Spenden sollen helfen, dass Amelie möglichst bald ihre eigene kleine Welt entdecken kann, wie jedes andere Kind auch. Das wird für Mutter Ramona Tepelmann nicht einfach: "Sie etwas selbstständiger werden zu lassen, ist das Schwerste. Aber hier im Dorf wissen alle Bescheid, jeder hat ein Auge auf sie, wenn sie unterwegs ist!" Beide Eltern sind sich einig: "Dass die Kirchengemeinde uns hilft, ist einfach großartig!"

Pastor Fuß will auch persönlich Spenden sammeln. So soll auch gelegentlich die Kollekte des Gottesdienstes für das Wunschrad eingesetzt werden. "Bei einer Hochzeit wurde kürzlich schon für Amelies Rad gesammelt. Auch derartige Unterstützung ist uns willkommen", sagt der Seelsorger. Er hofft, dass das Mädchen schon bald die erste Tour auf dem Liegerad machen kann.

Wer das Projekt unterstützen will, zahlt Geld auf das Spendenkonto 101 265 beim Kirchenkreis Altholstein, Sparkasse Südholstein, BLZ: 230 510 30, Verwendungszweck: Spende Amelie Tepelmann.