Ein Verein ruft zum Vernichtungskampf auf. Eine freiwillige Bürgerwehr formiert sich, bewaffnet mit Gummistiefeln und der Lizenz zum Ausrupfen. Der Gegner: Ein wuseliges, lilablühendes Gewächs mit dösigem Namen - “Drüsiges Springkraut“.

Nein, ich will mich nicht über die Bemühungen der Naturliebhaber lustig machen, die nun schon das zweite Jahr hintereinander versuchen, den Norderstedter Ossenmoorpark vom bis zu zwei Meter hohen, andere Pflanzen verdrängenden Springkraut zu befreien. Ich verstehe auch nicht viel von Botanik, weshalb ich mich über diese spezielle Pflanze erst informieren musste. Habe ich getan. Also: Sie stammt eigentlich aus Indien und kann nichts dafür, dass sie hier ist. Wir sind schuld. Nur, weil die Menschheit seit Noahs Zeiten dabei ist, sämtliche Spezies und Arten dieses Planeten an einer Stelle aufzusacken und andernorts wieder fallen zu lassen, ist das Springkraut über uns gekommen. Denn entgegen seines hüpfrigen Namens verfügt auch dieses Gewächs keineswegs über eigene Beine. Aber blöd ist es nicht, das ist sicher. Es setzt sich durch, obwohl es irgendwann erst mal allein hier war und die anderen Pflanzen - die mit dem Heimvorteil - in erdrückender Überzahl. Und wie macht es das? Das Springkraut stellt die 40-fache Menge Nektar her wie eine vergleichbare heimische Pflanze und bietet sehr hochwertige, zuckerhaltige Pollen an.

Hummeln fliegen buchstäblich darauf. Das geht zu Lasten der Standortkonkurrenz, die sich mangels Hummelbesuch schlechter vermehrt. Unterm Strich: Das Springkraut ist fleißig, hat mehr Sex und bietet das bessere Essen. Unschlagbar. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Nicht mal, wenn man es ausrupft.

Und warum sollte man das überhaupt tun? Das Springkraut ist nur schwach giftig. Es ist bloß da, aber das sind andere Gewächse auch. Birken, zum Beispiel. Deren Pollen bringen die halbe Nation zum Niesen, trotzdem habe ich noch keinen Aufruf zur flächendeckenden Birkenvernichtung vernommen. Vielleicht sollte man die Problematik einfach gelassener sehen. Vom Springkraut lernen heißt fürs Leben lernen, sozusagen. Die Welt dreht und verändert sich. Menschen reisen, arbeiten, leben doch auch überall. Haben wir eben Pflanzen mit Migrationshintergrund - na und?

Und vielleicht fragt mal einer die Hummeln, was sie davon halten. Von uns isst ja auch so mancher lieber Pizza statt Eisbein.