Sowohl der Wege-Zweckverband als auch Unser Ortsnetz wollen im Kreis Segeberg Glasfaserleitungen legen. Weder die Deutsche Telekom, Kabel Deutschland noch das Unternehmen Saicon/Unser Ortsnetz wollten bauen.

Kreis Segeberg. In Groß Niendorf ist der Wettbewerb gestartet. Der Wege-Zweckverband (WZV) mit den Stadtwerken Neumünster als Partner und das Oeringer Unternehmen Unser Ortsnetz wollen in der Gemeinde an der Bundesstraße 432 ein Glasfasernetz für schnelles Internet, Telefon und Fernsehen bauen. "Vier Jahre wollte das keiner machen, wir haben mit der Telekom und wilhelm.tel gesprochen, nun stehen zwei andere Gewehr bei Fuß", sagt Bürgermeister Claus Fahrenkrog. Für ihn und seine Gemeinde sei diese Situation gut, man werde die Angebote genau prüfen und dann vermutlich im August oder im September entscheiden.

Warum aber kommen jetzt gleich zwei Anbieter, nachdem viele Jahre nichts geschehen ist? Der Wege-Zweckverband der Gemeinden des Kreises Segeberg kümmert sich seit dem vergangenen Jahr um den Ausbau des Breitbandnetzes. Vorausgegangen war, dass ein sogenanntes Marktversagen festgestellt wurde. Das sei gesetzlich vorgesehen, erklärt Rüdiger Krause vom Breitband-Kompetenzzentrum Schleswig-Holstein (BKZSH). Keines der möglichen Unternehmen, weder die Deutsche Telekom, Kabel Deutschland noch das in Oering ansässige Unternehmen Saicon/Unser Ortsnetz wollte im Osten des Kreises bauen. Also wurden die Gemeinden selbst über ihren Zweckverband aktiv. 23 wollten mitmachen, der WZV suchte europaweit nach einem Anbieter, und die Stadtwerke Neumünster machten das Rennen.

Mittlerweile können sich in einigen Gemeinden nördlich von Bad Segeberg die Einwohner für das schnelle Internet, für Telefon und Fernsehen via Glasfaser entscheiden, weitere sollen folgen. Darunter Groß Niendorf, wo 70 Prozent der Bürger laut Bürgermeister Fahrenkrog in einer unverbindlichen Umfrage ihr Interesse bekundet haben. "Wir gehen davon aus, dass wir uns in der Gemeinde mit unserem Konzept durchsetzen", sagt WZV-Verbandsvorsteher Jens Kretschmer. Schließlich seien die Gemeinden mit im Boot und würden am Ende, wenn alle Investitionen bezahlt worden sind, über den WZV indirekt Eigentümer des Netzes. Nach dem aktuellen Modell seit das nach 28 bis 29 Jahren der Fall.

In Itzstedt haben erst 39 Prozent der Haushalte ihr Interesse bekundet

Kompliziert wird es, weil Ralf Pütz von Unser Ortsnetz in Oering nun doch bauen will. Nachdem sein Unternehmen nach der Insolvenz im Frühjahr von der Deutschen Glasfaser Gruppe übernommen wurde, geht Pütz in die Offensive. In Seth unterschrieben bis Ende Mai mehr als 60 Prozent der Haushalte die Verträge, mittlerweile wurden erste Leitungen per Rakete durch den Boden geschossen. In dieser Woche sollen auch die Bagger ran. In Itzstedt war man weniger erfolgreich, bis zum Ende des Aktionszeitraums am 20. Juni fanden sich nur gut 30 der benötigen 60 Prozent der Haushalte bereit, einen Vertrag mit Unser Ortsnetz zu unterschreiben. Die Frist ist mittlerweile bis zum 14. Juli verlängert worden, inzwischen steht die Quote bei 39 Prozent.

"Wir wollen keinen Stress, wir wollen einfach nur ausbauen", sagt Pütz. Wichtig sei dafür ein zusammenhängendes Gebiet. Nachdem in Wakendorf II und Oering bereits seit einiger Zeit Glasfasernetze betrieben werden und Seth nun kurz vor dem Bau steht, sollen bei Interesse vor Ort auch die anderen Gemeinden der Region angeschlossen werden. So wie eben Groß Niendorf. "Was nicht passieren darf ist, dass der eine den einen Ort ausbaut, der andere den anderen", sagt Pütz.

Kommunalaufsicht prüft die Verträge von Unser Ortsnetz

Da ist er sich mit Jens Kretschmer vom WZV einig, der ebenfalls ein geschlossenes Gebiet ausbauen will und sich bei seinen Mitgliedsgemeinden in der Pflicht sieht. Kretschmer wundert sich dabei über eine Anzeige von Unser Ortsnetz im Internet. Auch in Wittenborn und Kükels soll demnach Glasfaser verlegt werden, dabei haben die Gemeinden erst kürzlich mit Hilfe der Telekom für schnelles Internet per DSL gesorgt. Da bestünde vermutlich aktuell wenig Interesse, meint er.

Unterstützung bekommt Kretschmer von Rüdiger Krause vom BKZSH. Die Verträge, die Unser Ortsnetz mit den Gemeinden abschließen will, hat er der Kommunalaufsicht des Landes zur Ansicht vorgelegt. Nach seiner Interpretation enthalten sie Ausnahmeklauseln, die nicht dem Telekommunikationsgesetz entsprechen. Eine Gemeinde, die solch einen Vertrag unterschreibt, verstoße unter Umständen gegen den Wettbewerb oder das Beihilferecht. "Auf das Problem habe ich hingewiesen", sagt er. Auch Seth und Itzstedt habe er angeschrieben, aber keine Antwort bekommen. Eine Sorge von Krause: Unser Ortsnetz will seine Kabel aus Kostengründen möglichst nur 40 Zentimeter tief verlegen, vorgeschrieben seien aber mindestens 60 Zentimeter, bei Bundes- und Landesstraßen noch wesentlich mehr. Sollte eine Gemeinde dem Unternehmen das zugestehen, dann könnten Unternehmen wie die Deutsche Telekom sich beschweren, warum ihnen diese Lösung nicht ermöglicht wurde.

Seths Bürgermeisterin Maren Storjohann wiederum kritisiert Krauses Sicht. Ihr sei von Unser Ortsnetz zugesichert worden, dass das Unternehmen sich in ihrer Gemeinde an die Vorgaben halte und die Kabel mindestens 60 Zentimeter tief verlegen will. Storjohann kritisiert Krause direkt, denn er solle doch eigentlich den Ausbau auf dem Land unterstützen. "Jetzt stellt er sich hin und spricht negativ über ein privates Unternehmen." Belege habe er bei der jüngsten Versammlung des WZV nicht vorgebracht, meint sie.

Krause wiederum sieht die Kritik gelassen. Er habe kein Problem damit, als Spielverderber dazustehen, denn: "Das ist mein Job. Ich will völlig neutral und diskriminierungsfrei Fragen stellen, die peinlich sind" Wenn sich jemand wie Ralf Pütz nicht klar äußere, ob er sich an die vorgegebene Bautiefe halte, wie Krause das nach eigener Aussage in Groß Niendorf erlebt hat, dann mache ihn das nachdenklich. Aber er sagt auch: "Eigentlich wollen wir, dass sie bauen, aber sie müssen sich an die Vorschriften halten." Wer die Vorschriften ändern wolle, müsse beim Land und beim Bund ansetzen.