Bei Deutschlands kleinstem Geldinstitut, der Raiffeisenbank in Struvenhütten, legt man Wert auf persönlichen Kontakt.

Struvenhütten. Geldwäsche? Gibt es in Struvenhütten nicht. Würde auch auffallen, denn die Mitarbeiter der örtlichen Raiffeisenbank kennen ihre Kunden alle persönlich. Depots? Gibt es auch kaum. Dennoch werden diese Bestandteile des Bankgeschäfts in Deutschlands kleinster Bank geprüft. Und so ist Jürgen Engelkes Prüfbericht über die Raiffeisenbank Struvenhütten auch fast genau so dick wie der der größten Bank Deutschlands, der Deutschen Bank. Das müsse so sein, sagt der Wirtschaftsprüfer vom Genossenschaftsverband.

Bei der Prüfung des kleinen Instituts sei ihm noch einmal aufgefallen, welch ein Wahnsinn die Regulierung und die Auflagen für solche kleinen Banken darstelle. Denn es liegen gefühlt gleich mehrere Welten zwischen einem Institut mit einer Bilanzsumme von knapp zwei Billionen Euro wie der Deutschen Bank und der Raiffeisenbank Struvenhütten mit sechs Mitarbeitern und rund 14 Millionen Euro Bilanzsumme.

Allerdings hat auch die kleinste Bank Deutschlands Aufsichtsrat und Vorstand. Dabei ist der Paul Achleitner von Struvenhütten nicht wie der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank ehemaliger Vorstand der Allianz AG, sondern Malermeister im Ruhestand. Dieter Fricke macht seinen Job ehrenamtlich, sitzt für die CDU im neuen Gemeinderat und setzt sich dafür ein, dass die Bank weiter eigenständig bleibt. "Das wird immer schwieriger, wir müssen die gleichen Auflagen wie eine große Bank erfüllen", sagt er.

Da sind sie wieder: die Auflagen. Unter ihnen leiden alle Verantwortlichen der Dorfbank. Insbesondere die Spitze der Bank in Struvenhütten. Sie besteht wie der in Frankfurt bei der Deutschen Bank aus zwei Personen. Wolfgang Mohr ist dabei so etwas wie der Jürgen Fitschen von Struvenhütten. Aufgewachsen im Ort, seit fast 30 Jahren dabei und schon seit Anfang der 90er-Jahre Vorstand.

Auf der Generalversammlung lässt der 62-Jährige seinen Kollegen sprechen, kümmert sich um das Protokoll sowie die Anwesenheitsliste und gibt in der Küche die Bestellung der Anwesenden durch. Denn am Ende gibt es Sauerfleisch oder Schnitzel mit Bratkartoffeln und Salat. Für viele der knapp 50 Genossenschaftsmitglieder ist das der wichtigste Tagesordnungspunkt. Schließlich geht das Essen auf Kosten der Bank.

Heinz Egon Behn ist so etwas wie der Anshu Jain von Struvenhütten. Zwar stammt der zweite Vorstand in Struvenhütten nicht aus Indien, wie sein Kollege von der Deutschen Bank, aber immerhin aus dem Kreis Pinneberg. Der 56-Jährige passt perfekt in die kleine Bank, auch wenn er "erst" seit 13 Jahren für das Bankgeschäft der gut 1000 Kunden verantwortlich zeichnet. Ein gutes Drittel von ihnen ist auch Genossenschafter. Behn selbst ist nie um ein Wort verlegen. "Wir haben uns keine Boni gezahlt", sagt er bei seinem Vortrag. "Wir sind nach wie vor für die Bank da und die Bank für uns."

Das Erfolgskonzept der Raiffeisenbank Struvenhütten ist nach Behns Worten der persönliche Kontakt. Kontoauszugsdrucker oder Geldautomat sucht man in den Räumlichkeiten der Bank vergeblich. "Das lohnt sich nicht. Unsere Kunden legen Wert auf persönliche Beratung", sagt er. Jeder könne persönlich vorbeikommen, die Bank öffnet um 7.30 Uhr und schließt um 17 Uhr. Wer dennoch einen Geldautomaten brauche, der könne die in den Nachbargemeinden nutzen.

Behn sieht die Entwicklung im Bankensektor kritisch. Dass die Commerzbank oder auch die Sparkasse Südholstein gestützt werden müssten, könne eigentlich nicht sein. Dazu kämen die hohen Auflagen und natürlich die Diskussion über die Banker an sich. Der Mann mit HSV-Krawatte und Schnurrbart kann nicht verstehen, dass der ehemalige Vorstandschef der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, vor einiger Zeit davon sprach, es gäbe keine Banker, die ein Institut für 500.000 Euro im Jahr leiten wollten. "Wenn Sie mir und meinem Kollegen das Geld anbieten würden, dann arbeiten wir zwei Jahre und setzen uns dann zur Ruhe", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Den Genossenschaftern als Anteilseigner gefällt das, was ihr Vorstand und ihr Aufsichtsrat machen. Alle Abstimmungen auf der Generalversammlung 2013 sind einmütig, nur Dieter Fricke enthält sich bei seiner eigenen Entlastung. Die fünf Prozent Dividende als Anteil vom Jahresgewinn von knapp 34.000 Euro nimmt jeder gerne mit. Und dass das Aufsichtsratsmitglied Jan Wippich bei seiner einstimmigen Wiederwahl nicht anwesend ist, stört auch niemanden. Der Geschäftsführer der örtlichen Molkereigenossenschaft weilte bei Prüfungen in Malente. Vorgestellt werden muss er natürlich nicht. Denn in Struvenhütten kennt man sich.