Norderstedt ist die erste Kommune im Norden mit einem flächendeckenden Wlan-Netz. 600 Hotspots sind geplant. Datendrosselungen kennt das Netz nicht, allerdings ist es unverschlüsselt.

Norderstedt. Natürlich haben die Schülerinnen Karolina, Gina-Marie, Karin und Smilla längst gemerkt, dass es in Norderstedt ein neues, offenes Funknetz gibt. "MobyKlick" steht plötzlich in der Übersicht, die ihnen ihre Smartphones melden, als mögliche Zugänge für die drahtlose Kommunikation mit der Welt.

Die Mädels fläzen sich gerade auf einem Stück Wiese im Norderstedter Stadtpark in der Sonne. Selbstredend hat jede von ihnen das Smartphone dabei vor der Nase. Facebook checken, chatten mit Freundinnen - was halt unbedingt und ständig nötig ist, wenn man 14 ist und der digitalen Generation angehört, die sich totlacht, wenn Kanzlerin Angela Merkel vom Internet als Neuland spricht.

Als sie erfahren, dass der städtische Kommunikationsanbieter wilhelm.tel gerade "MobyKlick" freigeschaltet hat, dass Norderstedt jetzt sein eigenes, freies und kostenloses Funknetz im öffentlichen Bereich hat, mit bis Ende des Jahres 600 Hotspots im gesamten Stadtgebiet, da flippen die Mädchen aus. "Ey, Norderstedt ist schon ziemlich geil, also ehrlich", sagt Gina-Marie. "Ich weiß, dass die in Berlin so was haben. Aber dass wir das jetzt auch hier im Stadtpark und sonst überall haben - krass!", sagt Karolina.

Diesen Standard gibt es in ganz Europa in kaum einem anderen Ort

Das eine komplette Stadt kostenlos online geht, das ist derzeit einzigartig in Schleswig-Holstein und ein Standard, den man laut Auskunft von wilhelm.tel auch europaweit kaum findet. Bei der Präsentation von "MobyKlick" legten wilhelm.tel-Geschäftsführer Theo Weirich und Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote auch keine falsche Bescheidenheit an den Tag.

Das Wort Revolution ging ihnen ganz selbstverständlich über die Lippen. "Das Internet ist ein Menschenrecht, der Umgang mit dem Medium gehört für einen Großteil der Bevölkerung längst zum Alltag wie Essen, Trinken oder der selbstverständliche Gebrauch von Wasser und Elektrizität. Dieser Entwicklung möchten wir Rechnung tragen und Norderstedt weiter zu einer Hochburg der Telekommunikation ausbauen", sagte Weirich.

Aktuell besteht "MobyKlick" im Stadtgebiet aus 26 Hotspots, also Standorten von Funkantennen für die Datenübermittlung. Fünf davon finden sich im Arriba-Erlebnisbad, acht sind im gesamten Stadtpark verteilt, vier rund um die Stadtwerke an der Heidbergstraße, weitere sechs an der "TriBühne", in der Stadtverwaltung und auf dem Rathausmarkt sowie drei an der U-Bahn Norderstedt-Mitte. Schritt für Schritt wollen die Techniker von wilhelm.tel etwa 600 Antennen entlang aller großen Straßen im Stadtgebiet montieren - ein wirklich flächendeckendes Funknetz soll entstehen. "Wir werden die Hotspots an Bushaltestellen, Restaurants, Hotels, der U-Bahn und rund um die Schulen anbringen."

Wer nicht Kunde von wilhelm.tel ist, erhält die Zugangsdaten per SMS

Laut Weirich wird es den uneingeschränkten Zugang zum wilhelm.tel-Netz mit zumindest phasenweise der höchstmöglichen Bandbreite von bis zu 100 MBit pro Sekunde geben. "Wir können die Geschwindigkeit über Hotspot nicht garantieren - anders als in unserem Glasfasernetz. Sie hängt im Funknetz vom Abstand zur Funkzelle und anderen Kriterien ab."

Datendrosselungen kennt das Netz nicht, allerdings ist es unverschlüsselt. Der Nutzer muss sich selbst darum kümmern, dass er während des Surfens auf der kabellosen Datenautobahn nicht ausgespäht wird.

Wer wilhelm.tel-Kunde ist, und das sind etwa 70 Prozent aller Norderstedter, für den ist das Funknetz eine komfortable Erweiterung. Mittels eines Jahreszugangs-Code von der "MobyCard" checkt sich der Kunde einfach einmal in das Netz ein und muss sich in der Folge nicht mehr kümmern. Wann immer er außerhalb seines Hauses unterwegs ist, surft er über die Hotspots. Das Netz begleitet ihn im gesamten Stadtgebiet. Kunden haben auch den Sicherheitsvorteil: Sie surfen im verschlüsselten Netz "MobyKlickS".

Wer nicht Kunde von wilhelm.tel ist, der kann sich über SMS-Anfrage oder mit den Zugangsdaten eines Vouchers in das offene und unverschlüsselte Funknetz einwählen. Die Voucher, die zum Beispiel einen 24-stündigen Zugang gewähren, gibt es im Service-Center der Stadtwerke an der Heidbergstraße und demnächst auch an weiteren Ausgabestellen im Stadtgebiet. "Wer länger online bleiben will, der benötigt dann schon einen Account bei uns und muss dann bezahlen", sagt Weirich.

Oberbürgermeister Grote ist sich sicher, dass das Funknetz ein weiterer Standortvorteil für Norderstedt werden wird. "Andere Kommunen in Schleswig-Holstein diskutieren derzeit intensiv städtische Wlan-Netze und dass man darüber in Zukunft mal nachdenken könnte - wir führen das heute schon ein." Tatsächlich überlegen Städte wie Kiel oder Neumünster gerade, ob nicht irgendwann die Einführung solcher Netze möglich wäre. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) begrüßt öffentliche Wlan-Netze, weil sie den Tourismus attraktiver machen.

Oberbürgermeister Grote ist sich sicher, dass die Kritiker nun schweigen werden

Oberbürgermeister Grote ist überzeugt, dass angesichts der Erfolge nun auch die größten Kritiker des städtischen Glasfasernetzes endlich schweigen werden. "Man warf uns vor, wir würden die größte Fehlinvestition tätigen und Millionen vergraben. Heute erwirtschaften die Norderstedter Stadtwerke mit dem Glasfasernetz eine Eigenkapitalrendite von 17,1 Prozent. Mehr als fünf Millionen Euro flossen 2012 aus dem Ergebnis von wilhelm.tel in den städtischen Haushalt." Norderstedt werde auch weiterhin auf Datenautobahnen und nicht auf physische Autobahnen setzen, so Grote.