In Norderstedt wohnen mehr Menschen als angenommen. Kreis Segeberg wächst am stärksten im Hamburger Umland. Rathaussprecher: “Wir gehen davon aus, dass wir weniger Geld ans Land und an den Kreis Segeberg zahlen müssen.“

Norderstedt. Sie gehört zu den ganz wenigen Gewinnern der aktuellen Volkszählung, und das gleich doppelt: Die Stadt Norderstedt hat mehr Einwohner als vorhergesagt. Laut Zensus 2011 wohnen 73.913 Menschen in Norderstedt, 1920 oder 2,7 Prozent mehr, als die Statistiker auf Basis der Volkszählung von 1987 hochgerechnet hatten. Das bedeutet nicht nur unerwarteten Bevölkerungszuwachs samt Steuereinnahmen, sondern wahrscheinlich auch, dass die Stadt Geld spart.

"Wir gehen davon aus, dass wir weniger Geld ans Land und an den Kreis Segeberg zahlen müssen", sagt Rathaussprecher Hauke Borchardt. Wegen seiner Finanzkraft zahlt Norderstedt eine Finanzausgleichsumlage an das Land. Da die aktuelle Volkszählung für Schleswig-Holstein 33.640 Einwohner weniger nennt als angenommen, die Finanzmasse aber gleich bleibt, wächst die Steuerkraft pro Kopf. Das bedeutet, so Borchardt, dass die Stadt weniger Geld nach Kiel überweisen muss.

Der Kreis Segeberg hingegen hat mit 260.665 Einwohnern die Prognosen übertroffen, wenn auch nur um 0,5 Prozent. Die Folge: Kiel überweist mehr Geld an Landrätin Jutta Hartwieg, der Kreis hat höhere Einnahmen und braucht weniger Kreisumlage der Kommunen. "Daher freuen wir uns doppelt über die Ergebnisse der Volkszählung von 2011, zum einen, weil wir gewachsen sind, aber eben auch, weil wir voraussichtlich weniger Umlagen zahlen müssen", sagt der Rathaussprecher.

Und die Norderstedter haben noch ein sportliches Ziel im Visier: Sie wollen Neumünster von Platz vier der größten Städte im Norden verdrängen. 76.103 Norderstedter gibt es laut städtischer Statistik, die seit Jahren von den Zahlen des Statistikamtes Nord abweicht (s. Info-Kasten). Mit dieser Zahl kommt die Stadt Neumünster mit 77.249 schon sehr nahe. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann Norderstedt an Neumünster vorbeizieht.

Kaltenkirchen hingegen zählt zu den Zensus-Verlierern, hat die Stadt doch mit 19.709 Einwohnern 369 weniger als vorhergesagt. Damit ist sie wieder unter die magische Marke von 20.000 Einwohnern gerutscht. Ab dieser Grenze bekommt der Bürgermeister mehr Geld. Doch daran wird nicht gerüttelt: "Die Bezüge genießen Bestandsschutz sagt", Martin Poschmann, Sprecher der Kaltenkirchener Stadtverwaltung, die die Zahlen jetzt so schnell wie möglich aktualisieren will. Die Daten für die aktuelle Volkszählung sind mehr als zwei Jahre alt. Da könne die Stadt die 20.000-Einwohner-Marke schon wieder geknackt haben. Man werde sich zudem schnell darüber unterhalten müssen, welche Folgen die Zahlen für die Ausgleichszahlungen an das Land haben.

Doch Kaltenkirchen steht auch für eine Bestmarke: Keine Stadt oder größere Gemeinde im Kreis Segeberg ist seit 1987 so stark gewachsen wie die Stadt. Vor 26 Jahren lebten 12.640 Menschen in Kaltenkirchen, heute sind es 7069 oder 55,9 Prozent mehr. Doch auch Henstedt-Ulzburg haben kräftig (37,4 Prozent) und Bad Bramstedt (45,4 Prozent) haben kräftig zugelegt. Ohnehin ist der Kreis Segeberg die Top-Adresse im Hamburger Umland: Seit 1987 ist die Bevölkerung um 48.555 oder 22,9 Prozent gewachsen und damit stärker als die Nachbarkreise Pinneberg (14,2 Prozent), Stormarn (19,7 Prozent) und Herzogtum Lauenburg (21,9 Prozent). "Wir sind ein stark prosperierender Kreis, und das soll auch so bleiben", sagte Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg.

"Wir sind ein bisschen betrübt, waren wir doch davon ausgegangen, dass die Einwohnerzahl jenseits der 27.000 liegt", sagt Jens Richter, Sprecher der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach hält die Zahlen nicht für bedrohlich, zumal der Städteverband die Daten der Volkszählung überprüfen wolle. "Unsere aktuellen Planungen müssen wir jedenfalls nicht umschmeißen", sagt er.

Auch Bad Segeberg straft die Prognosen Lügen: Mit 16.592 Einwohnern leben in der Stadt 788 oder fünf Prozent mehr Menschen als prognostiziert. Die Stadt ist allerdings seit 1987 nur um 2008 (13,8 Prozent) gewachsen und damit deutlich schwächer als die Kommunen entlang der A 7 und der B 432 - hier ist auch der Spitzenreiter zu finden: Itzstedt hat seine Einwohnerzahl von 1256 auf 2391 fast verdoppelt.