Drittliga-Handballspielerin Rabea Dieckmann fliegt zum zweiten Mal ans andere Ende der Welt. Wann sie nach Deutschland zurückkehrt, ist ungewiss.

Henstedt-Ulzburg. Wer sich vor Lebewesen fürchtet, die dem Menschen gefährlich werden können, der sollte sich die 21 Stunden lange Flugreise nach Australien besser gar nicht erst antun. Denn: Neben Krokodilen und Haien beherbergt die frühere englische Sklavenkolonie auch Schlangen-, Spinnen- und Quallenarten, die in der Weltrangliste der giftigsten Kreaturen Top-Positionen belegen. In Mauerritzen, hinter Büschen, beim Baden - überall lauert die Gefahr...

Rabea Dieckmann, 22 Jahre alte Handballspielerin des SV Henstedt-Ulzburg, ist sich dessen bewusst. Und doch zieht es sie am Mittwoch zum zweiten Mal auf den Fünften Kontinent. "Ich muss zugeben, dass mir die dortige Tierwelt ein wenig unheimlich ist", sagt sie,"aber wenn man aufpasst, passiert auch nichts. Australien ist ein wunderbares, ein faszinierendes Land, das unglaublich viel zu bieten hat."

Beispielsweise Naturwunder wie das Great Barrier Reef oder den 863 Meter hoch aus der Wüste aufragenden Ay ers Rock. Feinsandige, menschenleere Traumstrände. Die schier unendliche Weite des rauen Outbacks mit unterschiedlichsten Landschafts- und Klimazonen. Als Kontrast dazu die pulsierenden Millionenmetropolen Sydney und Melbourne. Koalabären, Känguruhs - und vor allem seine Menschen.

"Die Bevölkerung dort ist sehr aufgeschlossen, alles geht viel ungezwungener und herzlicher zu als in Deutschland", sagt Rabea Dieckmann. Trotzdem dauerte es, bis sich die Barmstedterin mit dem Leben am anderen Ende der Welt arrangiert hatte. "Im August 2010 wollte ich gleich nach der Landung in Sydney wieder nach Hause", erinnert sie sich. Letztendlich überwogen dann aber doch Neugier und Abenteuerlust - eine Entscheidung, die die gelernte Großhandelskauffrau nie bereut hat. Sie blieb neun Monate - und trat schweren Herzens den Heimflug an.

Das Leben in Australien ist für Fremde nicht unproblematisch. "Um auf Entdeckungstour klarzukommen, muss man sich auf Dinge einlassen, die für uns Deutsche gewöhnungsbedürftig sind", sagt Rabea Dieckmann, "da opfert man schon mal die Privatsphäre und schläft mit zwölf anderen Personen in einem Raum, übernachtet im Schlafsack im Freien oder wäscht sich im eiskalten Creek, weil es kein fließendes warmes Wasser gibt."

Rabea Dieckmann, die in der abgelaufenen Drittliga-Saison als Siebenmeterschützin immer wieder Verantwortung für ihr Team übernahm, ist auch abseits des Handballfeldes eine mutige junge Frau. Mit einem Work-and-Holiday-Visum ausgestattet verschlug es sie während ihres ersten Australien-Trips nach Roma, eine 477 Kilometer von Brisbane entfernte Kleinstadt fernab der Zivilisation. Dort putzte, kochte und kellnerte sie vier Monate lang in einem Pub. "Das ist eine ganz andere Welt als zu Hause. Im Outback spürst du die Macht der Natur. Da gibt's keine Chance zum Shoppen, man muss seine Ansprüche herunterschrauben. Aber es lebt sich auch sehr stressfrei."

Vor und nach dem Roma-Intermezzo schlüpfte sie bei Freundin Jess Cosh in Wallumbilla unter. "Sie ist auch diesmal meine Anlaufstation. Ich bin bei meinem ersten Besuch wie ein Familienmitglied aufgenommen worden, mehr Gastfreundschaft geht nicht."

In der kommenden Woche gibt's - die Coshs sind mittlerweile nach Bymount umgezogen - das heiß ersehnte Wiedersehen. Und wenn sie den Jetlag aufgrund der acht Stunden Zeitunterschied überwunden hat, wird Dieckmann auf Arbeitssuche gehen. "Um länger als drei Monate im Land bleiben zu dürfen, muss ich einen Jahresverdienst von 51.000 Dollar nachweisen. Das wird nicht einfach, aber ich bin da ganz zuversichtlich."

Ein bisschen Glück gehört halt dazu - so wie sie es bei den Australian Open 2011 in Melbourne, dem ersten der vier alljährlichen Tennis-Grand-Slam-Turniere, hatte. "Damals habe ich in der Rod-Laver-Arena Maria Sharapova, Ca roline Wozniacki und auch Roger Fe derer spielen sehen." Rabea Dieckmann saß in der Nähe des Schiedsrichterstuhls und profitierte von ihrer Fangkunst, als der Schweizer nach dem Match sein Handgelenks-Schweißband ins Publikum warf. "Mein Lieblingssouvenir", sagt sie schmunzelnd, "das Teil hat bei mir zu Hause einen Ehrenplatz. Selbstverständlich ungewaschen..."

Ob sie im Januar 2014 erneut die Australian Open besuchen wird, steht noch nicht fest. "Denn eigentlich", so Dieckmann, "interessiert mich Tennis nicht allzu sehr." Aufmerksam verfolgen wird sie dafür die Punktspiele ihres SV Henstedt-Ulzburg in der 3. Liga Ost - dank des World Wide Webs entweder per Live-Ticker oder Internet-Stream. "Ich lege zwar eine Handballpause ein, werde aber auf jeden Fall den Kontakt in die Heimat pflegen."

Und wann kehrt Rabea Dieckmann nach Deutschland zurück? "Darüber habe ich noch nicht nachgedacht", sagt sie, "es kann sein, dass ich in vier Monaten wieder da bin - vielleicht bleibe ich aber auch ein paar Jahre fort."