Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Die Frau kommt genervt vom Bus, schaut wütend wie Rumpelstilzchen, ist klitschnass, weil draußen der Regen in subtropischer Stärke prasselt und der Wind in nordeuropäischer Stärke bläst. Sie schleudert Handtasche und Schirm in die Ecke und erregt sich, ein grummelnder Schwall der Entrüstung: "Schnauze voll, aber so was von. Alles nass, saublöder Schirm, im Bus riecht's nach nasser Hund. Frisur im Eimer. Und das soll Frühling sein."

Dann macht sie die Rechnung auf, die sie jedes Jahr zu dieser Zeit aufmacht. Dass es jetzt noch bis Ende Juni weiterregnet, wahrscheinlich noch Hagel und Schnee dazu kommen. Dass dann der norddeutsche Sommer beginnt, vier oder fünf Wochen lang, drei heiße Tage, der Rest durchwachsenes, bewölktes Durcheinander. Und dann kommt der Herbst, nass, kalt, eklig. Gefolgt vom Winter mit Schneematsch, verregneten Weihnachten und stürmischem Silvester. Dann verregneter Frühling - und so weiter und so fort.

Ich schaue raus. Die Sonne bricht durch die Wolken. "Da! Sonne!", sage ich. Doch sie grummelt, und es ist so, wie es der Psychotherapeut Paul Watzlawick beschrieb: Der Ankunft im Glück wohnt die Melancholie der Erfüllung inne. Wie zum Beweis schließt sich das Wolkenloch, und Regen fällt erneut. Nachdenken über das Wetter ist die Anleitung zum Unglücklichsein. Ich mache Milchkaffee für uns beide und sichte die Post. Ah, die Buchungsbestätigung für Sardinien. Die Frau lächelt und schlürft Kaffee.