Der Handlungsspielraum für die Kommunalpolitiker in der Kreisstadt ist sehr eng

Bad Segeberg . Die Kreisstadt ist sexy: Großkonzerte locken Zehntausende, die Karl-May-Spiele sogar Hunderttausende von Besuchern an. Der Kalkberg lockt Fledermäuse aus halb Deutschland und Skandinavien an. Es gibt Krankenhäuser, eine Kurklinik, große Hotels und einen See, der vom Stadtzentrum aus in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen ist. Aber die Kreisstadt ist pleite: Im vergangenen Jahr wäre die 16.000 Einwohner große Stadt beinahe zahlungsunfähig geworden. Bad Segeberg gehört zu den 16 ärmsten Kommunen in Schleswig-Holstein. Keine guten Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Kommunalpolitik.

Im Herbst des vergangenen Jahres machte Bad Segeberg über die Kreisgrenzen hinweg Schlagzeilen: "Kreisstadt Bad Segeberg - unter Pleitegeiern" titelte das Hamburger Abendblatt. Dieser Artikel hatte Folgen. In ganz Deutschland wurde plötzlich unter diesem negativen Aspekt über die Karl-May-Stadt berichtet, sogar in der Schweiz hörte man von Bad Segeberg: In welcher anderen Stadt Deutschlands müssen schließlich Gehälter und Fürsorgeleistungen teilweise mit Krediten bezahlt werden?

Die Stadtpolitiker und Bürgermeister Dieter Schönfeld haben derzeit keinen leichten Stand. Denn sie stehen praktisch unter der direkten Aufsicht der Landesregierung in Kiel. Bad Segeberg musste einen öffentlich-rechtlichen Konsolidierungsvertrag mit dem Land Schleswig-Holstein schließen, der Politiker und Verwaltung verpflichtet, bis Ende 2019 eisern zu sparen. Vertragsziel ist ein möglichst schnell ausgeglichener Haushalt, um kommunalpolitisch wieder eine gewisse Handlungsfreiheit zurückzugewinnen. Für die Bürger bedeutet das: In den kommenden Jahren werden Grund-, Gewerbe- und Hundesteuer angehoben. Bad Segeberg mutet seinen Bürgern neuerdings eine Fremdenverkehrsabgabe und eine Zweitwohnungssteuer zu. Wenn die Stadtpolitiker künftig brav sind und das tun, was das Land von ihnen verlangt, bekommt die Stadt Schuldenhilfe vom Land - bis zu einer Million Euro jährlich sind möglich.

Viele der heutigen Stadtvertreter haben eine Mitschuld an der Misere: Sie stimmten zu, als die Mittelzentrumsholding Bad Segeberg/Wahlstedt 2007 das Spaßbad FehMare auf der 80 Kilometer entfernten Insel Fehmarn übernahm. 2006 hatte Fehmarn der Holding ein Gutachten vorgelegt, in dem jährliche Gewinne von durchschnittlich 75.000 Euro in Aussicht gestellt wurden. Tatsächlich wurde es jedes Jahr das Zehnfache - an Verlusten. Bürgermeister Dieter Schönfeld, der die Schulden vor vier Jahren, als er sein Amt antrat, von seinen Vorgängern übernehmen musste, ist jetzt Verwalter der Misere.

CDU, SPD, Grüne, FDP und die Wählergemeinschaft BBS haben sich natürlich trotzdem kommunalpolitische Ziele gesetzt. Denn es gibt in Bad Segeberg eine ganze Reihe von ungeklärten Problemen, die angepackt werden müssen. Da ist zum Beispiel das umstrittene Konzept für die Umgestaltung des Zentralen Busbahnhofs (ZOB). Klar ist, dass dort ein Abriss erfolgen soll. Was dann mit dem Platz passiert, wie er gestaltet wird, ist unklar und innerhalb der Fraktionen im Stadtparlament umstritten. Das Handicap: Die Stadt ist auf Zuschüsse angewiesen. Und es ist fraglich, ob diese Zuschüsse angesichts der miserablen Finanzlage Segebergs fließen.

Die Seepromenade, immerhin ein Anziehungspunkt für Ausflügler, soll noch attraktiver werden. Sie wird zwar renoviert, aber es fehlt dort noch so allerhand, um Besucher anzulocken - zum Beispiel ein Café. Die ehemalige Mühle, einst Heim des Vereins für Jugend- und Kulturarbeit im Kreis Segeberg, soll zum neuen Jugendzentrum umgebaut werden. Weitere Wahlkampfthemen: Die Einführung einer Oberstufe in der Gemeinschaftsschule im Schulzentrum und die Umgestaltung des Segeberger Bahnhofes, über den bereits seit 17 Jahren diskutiert wird. 20 Planer und Investoren haben in all den Jahren ihre Pläne unterbreitet. Geschehen ist bisher aber noch nichts. Auch das Radwegenetz in Bad Segeberg soll nach Möglichkeit ausgebaut werden.

Weil der Pleitegeier aber nach wie vor über Bad Segeberg schwebt und jederzeit landen kann, sollten sich die Bürger allerdings keine allzu großen Hoffnungen auf eine baldige Realisierung der Vorstellungen und Ideen machen.