22-jähriger Angeklagter muss 900 Euro zahlen

Bad Segeberg . Der Familienausflug in den Hansa-Park wurde zum Albtraum: Kevin L., 22, aus Heide übersah im August des vergangenen Jahres in Bad Segeberg bei einem Wendemanöver einen Motorradfahrer. Es kam zu einem Zusammenstoß, bei dem der 71-jährige Kradfahrer verletzt wurde und später starb.

Nun sitzt der korpulente Unglücksfahrer auf der Anklagebank des Amtsgerichts in Bad Segeberg, angeklagt wegen fahrlässiger Tötung. Mit leiser Stimme erzählt der Angeklagte davon, wie er sich auf der Kreisstraße in Bad Segeberg kurz vor der Auffahrt zur A 21 verfahren habe. Sein Navigationsgerät habe ihm den Rat erteilt zu wenden, also sei er rechts auf den Mehrzweckstreifen gefahren, habe kurz gehalten und danach wenden wollen. Seine neben seinem Bruder und seinem Neffen mit im Wagen befindliche Mutter habe plötzlich: "Halt, Stopp!" gerufen, aber da habe es schon laut geknallt. Der Motorradfahrer wurde von der Front des Wagens erfasst, stürzte über die Motorhaube und dann auf den Asphalt.

Mit zahlreichen Knochenbrüchen und inneren Verletzungen kam der Verunglückte in eine Klinik. Der Angeklagte berichtet davon, dass er dem verunglückten Rentner einen Brief geschrieben und dieser ihn angerufen habe. Das Telefonat sei in freundlicher Atmosphäre verlaufen, so der Angeklagte. Es werde wohl noch ein Jahr dauern, bis er wieder ganz fit sei, habe der Rentner optimistisch geäußert.

Umso tragischer war es, als bei dem Verunglückten, der wegen eines Beckenbruchs liegen musste, eine akute Lungenarterienembolie auftrat, die zwölf Tage nach dem Unfall zum überraschenden Tod des Mannes führte. Für den Angeklagten war die Todesnachricht ein Schock, den er bis heute nicht verwunden hat. Seit Monaten ist der gelernte Metallbauer nicht in der Lage zu arbeiten. Er befindet sich in psychologischer Behandlung, um, wie er sagt, die ihn verfolgenden Bilder loszuwerden.

Vor Gericht beteuert der 22-Jährige, sich vor dem Wenden per Rückspiegel und Schulterblick abgesichert zu haben. Da er nichts gesehen habe, müsse der Motorradfahrer extrem schnell herangekommen sein. Richterin Sabine Roggendorf macht dem Angeklagten klar, dass die Geschwindigkeit des späteren Unfallopfers keine Rolle spiele, da die Fahrlässigkeit des Angeklagten darin liege, dass er an einer solchen Stelle mit durchgezogener Linie sein Auto wenden wollte.

Die Richterin betont, dass der Angeklagte sich nach dem Unfall besonders durch seinen entschuldigenden Brief vorbildlich verhalten habe und für ihn selbst die Folgen des tragischen Geschehens unübersehbar seien. Deshalb entspricht sie der Bitte des Verteidigers, unter der Grenze von 100 Tagessätzen Geldstrafe zu bleiben, da dann eine Eintragung ins Führungszeugnis unterbleibt. Das Urteil lautet auf 90 Tagessätze a zehn Euro; auf eine Führerscheinsperre verzichtet die Richterin.