Im ehemaligen Möbelhaus Wulff an der Segeberger Chaussee ist jetzt die Ausstellung “Minus 7 Grad“ zu sehen.

Norderstedt. Beim Anblick seiner Fischfrau wird einem erst warm ums Herz, dann gefriert das Blut. Die blonde Schönheit wurde aus Osteuropa mit großen Versprechungen in den reichen Westen gelockt, weigerte sich, auf den Strich zu gehen, und landete in einer Fischfabrik. Untere Stufe der Erwerbsskala. Aber immer noch besser als Strich. Dabei haben die meisten Frauen noch Glück, die dem Zwang der Prostitution entkommen.

Stephan Schreiber fotografierte und bearbeitete das Bild. Der Diabetologe aus Quickborn äußert damit seine Kritik zum modernen Sklavinnen-Handel. Zu sehen ist es in der Ausstellung "Minus 7 Grad" im Alten Möbelhaus des Bestatters Sönke Wulff an der Segeberger Chaussee 48 in Norderstedt.

Schreibers Fischfrau ist harmlos, er zeigt noch Deutlicheres in der Schau, beispielsweise ein Vagina mit Reißverschluss ("Consumption within nine month after opening").

Doch das Norderstedter Ordnungsamt, das die Räume kontrollierte, um deren Tauglichkeit für ein Fest mit Alkoholausschank und Musik zu prüfen, sah es gelassen. Jugendgefährdung? Nach der Ordnungsverfügung des Norderstedter Amtes nicht gegeben. Andere Ämter in anderen Städten, beispielsweise Kaltenkirchen, sortieren Bilder aus, die Geschlechtsteile zeigen. Das Abendblatt berichtete. "Wir einigen uns mit den Künstlern einvernehmlich, sollte Pornografisches gezeigt werden," sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Stadt Norderstedt.

Eiseskälte spricht auch aus Fabio Michalaks Bildern. Der Kunststudent zeigt beispielsweise einen Gefangenenzug aus dem Zweiten Weltkrieg im damaligen Stalingrad.

"Wir thematisieren nicht nur die äußere, sondern auch die Kälte in uns", sagt Roman Gilz, der die Ausstellung maßgeblich organisiert und dessen verfremdete Fotografie des von ihm entdeckten Models Melanie Bachelor die Besucher im Eingang begrüßt. In den Bild-Hintergrund platzierte er allerdings den Atompilz von Hiroshima.

Sylke Ennen aus Norderstedt thematisiert in ihrer Malerei Kälte über die eisblaue Farbe und die starren, bizarren, mit scharfen Linien verzerrten Gesichter. Die Ausstellungsfläche des Künstlers Jürgen Bätz ist als eisblaue Zone eingerichtet. "Hier herrscht Zorro", sagt Bätz. Im Bätz-Gemälde "Der kalte Zugriff" wird eine rote gekrümmte Figur mit entsetztem Gesicht von einer schwarzen bedrängt. In einem anderen Bild versinkt eine blonde Frau im Eis. "Das steht für die Kälte der Gesellschaft", sagt Bätz. Ganz anders Inga Sawade aus Hamburg. Sie arbeitete aus Papiermulche puppengroße weiße Figuren, die miteinander kommunizieren, aber auch Abwehr zeigen.

"Minus 7 Grad" ist bis 10. Mai, mittwochs bis sonntags von 14 bis 19 Uhr im Alten Möbelhaus an der Segeberger Chaussee 48 zu sehen. Eintritt frei.