Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Frage ich meine Tochter, wie es in der Schule war, sagt sie: "Gut." Und dann ist das Thema im Normalfall für sie erledigt. Gestern war das anders.

Sie unterrichtete mich von einem philosophischen Diskurs in ihrer Klasse 2b, der sich sinngemäß so zugetragen haben soll. Fragte die Lehrerin: "Was glaubt ihr, was in eurem Leben auf jeden Fall noch passieren wird?"

Stand eine Freundin meiner Tochter auf und sagte: "Ich glaube, dass sich meine Eltern auf jeden Fall noch trennen werden." Der Lehrerin fiel kurz das Gesicht runter. Für die Kinder war das keine Neuigkeit. Die tauschen sich ständig über intime Familien-Internas aus. "Da kannst du nicht sicher sein: Vielleicht vertragen sie sich ja noch", versuchte sich die Lehrerin in der hoffnungsfrohen Abwendung des Unabwendbaren.

Dann bemühte sich meine Tochter um eine einwandfreie Definition einer plausiblen Lebenserwartung: "Ich glaube, dass ich auf jeden Fall mal eine junge Frau sein werde, die machen kann, was sie will!" Streckte eine Schülerin die Hand und sagte: "Kannst du dir nicht sicher sein. Vielleicht fällst du morgen tot um oder wirst vom Lastwagen überfahren!" Etwa um Zweidrittel ihrer kindlichen Naivität beraubt, sank meine Tochter auf ihrem Platz in sich zusammen.

Stand schließlich ein Junge auf, der für seine pragmatische, man könnte auch sagen furztrockene Sicht der Dinge bekannt und beliebt ist. "Ich glaube, dass ich auf jeden Fall gleich aufs Klo gehe und ganz doll pinkeln muss." Sprach's gelassen und trat aus.