Ja, es gibt wichtigere Themen. Aber über die redet keiner. Und als eingefleischter Kolumnist (nein, das ist nicht so ein Typ mit roter Fahne und Parteiabzeichen) möchte man doch über etwas schreiben, das die Leute wirklich bewegt. Das ist in diesen Tagen nur eins. Genau gesagt, geht es um drei: Sylvie, Sabia und Rafael. Und ihren Liebesreigen, bei dem selbst dem alten Schnitzler schwindelig geworden wäre.

Kurzes Update. In der Nacht zum Neujahr knallen erst die Korken, dann knallt die Hand des nur im Füßchen feinmotorisch begabten Starkickers van der Vaart ins Gesicht seiner Gattin Sylvie. Deren blaues Auge wird mit roter Karte geahndet.

In der Folgezeit üben sich Volk und Medien in wechselnder Partei- und Mitleidsname, während sich das Promipaar getrennt der Trauerarbeit hingibt. Auf probate Weise, zu der uns jeder Paartherapeut raten würde - wenn wir es uns leisten könnten: Rafa fährt in die Sonne nach Abu Dhabi, Sylvie lässt beim Powershopping die Kreditkarte rauchen. Stets begleitet von ihrer besten Freundin Sabia. Die sammelt Hermès-Täschchen und prominente Ehemänner, zuletzt Fußballer wie den Ex-HSV-Star und Rafa-Kollegen Boulahrouz.

Wer - wie ich - schon zur Jugendzeit begeistert Panini-Fußballbilder gehortet hat, bringt dieser Leidenschaft natürlich ein gewisses Verständnis entgegen: Ist doch viel besser, die Spieler persönlich zu erhaschen als bloß ihre Fotos. Außerdem hat Sabia auf diese Weise nie einen doppelt, es sei denn, sie erwischt mal die Bender-Zwillinge. Aber die spielen ja weit weg und sind für diese Geschichte auch gar nicht wichtig. Sylvie jedenfalls steht plötzlich in der Abseitsfalle. Sabia vollzieht den Seitenwechsel und schnappt sich Rafa vor Ablauf der Transferperiode. Rafa lächelt an Sabias Seite spitzbübisch in jede Kamera und wirkt plötzlich auf die Fans genau so sympathisch wie damals im Jahr 2007, als er - eigentlich noch beim HSV unter Vertrag stehend - feixend im Trikot seines "Traumvereins" FC Valencia posierte. Und während sich die empörte Republik noch fragt: "Wie können die nur...?", offenbart Ihr Kolumnist vom Dienst die eigentlichen Zusammenhänge:

Moral schießt keine Tore. Der HSV leider auch nicht. Rafael van der Vaart, als Kapitän der seit Wochen desaströs auftretenden Hamburger Bundesligatruppe, stellt sich aufopferungsvoll in den Dienst der Mannschaft. Es funktioniert. Das Team darf reihenweise gegen Abstiegskandidaten vergeigen - das Publikum kriegt dank Rafas virtuosem Doppelpass dennoch genug geboten.

Und nicht verzagen, Sylvie. Lass einfach noch ein bisschen die Kreditkarte rauchen.