25 Jugendliche wurden zu Ausstellungsbegleitern ausgebildet. Die Schau in der Jugendakademie Bad Segeberg ist bis zum 7. Mai zu sehen

Bad Segeberg . Noch ist er etwas unsicher. Als Luka Gebel in den Besuch der Anne-Frank-Ausstellung in der Bad Segeberger Jugendakademie einleiten soll, will er zunächst das Eröffnungszitat selbst vorlesen. Das hätten sie aber eben in der Vorbereitungsgruppe anders gelernt, erinnert ihn Anne Frölich. "Heißt das, du willst mich bitten, es vorzulesen?", fragt sie.

Luka Gebel versteht, nimmt einen zweiten Anlauf und lässt die Mitarbeiterin des Anne-Frank-Zentrums in Berlin die Worte aus dem Tagebuch vorlesen: "Es ist für jemanden wie mich ein eigenartiges Gefühl, Tagebuch zu schreiben. Nicht, dass ich noch nie geschrieben habe, sondern ich denke auch, dass sich später keiner, weder ich noch ein anderer, für die Herzensergüsse eines dreizehnjährigen Schulmädchens interessieren wird." Ein treffendes Zitat für eine Ausstellung, die schon an gut 100 Orten gezeigt wurde.

Das Tagebuch der deutschen Jüdin Anne Frank, die 1945 im Konzentrationslager Bergen Belsen im Alter von 15 Jahren starb, öffnet bis heute vielen die Augen für das ansonsten unfassbare Leid der Opfer des Nationalsozialismus. Auch Luka Gebel. Der 15-jährige Gymnasiast aus Bad Segeberg ist einer von 25 Schülern, die sich zu Ausstellungsbegleitern ausbilden ließen. "Das Tagebuch hat mich sehr bewegt, und ich wollte mehr erfahren", sagt Gebel. Als das Projekt der Ausstellungsbegleitung in seiner Klasse vorgestellt wurde, hat er nicht gezögert und sich beworben. Jetzt ist er einer der Jüngsten. "Das Ziel ist, dass sich die Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen", erklärt Frölich, "Jugendliche begleiten Jugendliche, sie haben eine ähnliche Sprache und ähnliche Interessen." Frölich leitet das Projekt Schultournee des Anne-Frank-Zentrums, das auf Einladung des Vereins für Jugend- und Kulturarbeit nach Bad Segeberg gekommen ist.

Bis zum 7. Mai können Schulklassen und andere Jugendgruppen, aber auch Einzelpersonen und Familien die Ausstellung "Anne Frank - eine Geschichte für heute" im Foyer der Jugendakademie an der Marienstraße besichtigen. Wer als Gruppe von den Ausstellungsbegleitern geführt werden will, muss sich vorher anmelden.

Unter den Begleitern ist auch Birte Schmid aus Bad Bramstedt. "Ich persönlich finde es wichtig, dass die Menschen über das Thema informiert werden", sagt die 17-Jährige und ergänzt mit Blick auf die Zeit des "Dritten Reichs": "Es ist immer wieder erschreckend, was für ein Größenwahn das war. Anne Frank ist ein Beispiel für Millionen." Da man sich diese Dimension nicht vorstellen könne, sei das Einzelschicksal von besonderer Bedeutung. In der Ausstellung werde die Geschichte von Anne Frank und ihrer Familie immer in den historischen Kontext gestellt und durch andere Augenzeugenberichte ergänzt.

Jede Gruppe, die in den kommenden Wochen durch die Ausstellung gehen wird, werde von zwei Begleitern geführt, erklärt Jens Lindemann. Sie wird dann geteilt, sodass zunächst der eine Teil die Ausstellung besichtigt, während ein zweiter im Seminarraum sich dem jeweiligen Alter gemäß der Zeit des Nationalsozialismus annähern soll. Beispielsweise werde auf die antijüdischen Gesetze der Nationalsozialisten geschaut und diese mit dem normalen Alltag von Jugendlichen heute verglichen, sagt Lindemann.

Was sei den Juden wie Anne Frank damals noch geblieben? "Außer schlafen und vielleicht ein wenig essen nicht viel", haben die Ausstellungsbegleiter laut Lindemann in ihrer Vorbereitung festgestellt. Diese und andere Erkenntnisse wollen sie nun den Gleichaltrigen vermitteln. Geeignet sei die Ausstellung für Jugendliche ab etwa 12 bis 13 Jahren, also dem Alter, in dem Anne Frank ihr Tagebuch begonnen hatte, sagt Anne Frölich. Aber natürlich könnten sich auch Erwachsene informieren.