Seth und Itzstedt bekommen schnelles Internet - wenn 60 Prozent der Haushalte mitmachen. Auch andere Dörfer im Kreis warten auf den Anschluss

Kreis Segeberg. Uwe Schaller ist sich sicher: "Es gibt keine zweite Chance." Wenn sich in der Gemeinde Seth jetzt nicht genügend Interessenten für den Glasfaseranschluss entscheiden, wird es nichts mit dem schnellen Internet auf dem Dorf.

Uwe Schaller ist der "Obermultiplikator" für das Oeringer Unternehmen Unser Ortsnetz, das jetzt auch in der Gemeinde Seth aktiv werden will. Aber nur, wenn 60 Prozent der Haushalte mitmachen. Deswegen haben sich Schaller und andere zu Multiplikatoren ausbilden lassen und klappern nun nach und nach die Haushalte der knapp 2000 Einwohner zählenden Gemeinde westlich der Bundesstraße 432 ab.

Die Gemeinde ist aktiv: Nach der Einwohnerversammlung im März gab es bereits einen Glasfaser-Frühschoppen. Am Dienstag, 16. April, wird in der Sprechstunde der Bürgermeisterin ein Vertreter des Anbieters zugegen sein. Und am Sonntag, 21. April wird im Sportlerheim wieder informiert. Weitere Aktionen sind in Planung.

In Seth haben sich erst 15 Prozent der Haushalte für einen Vertrag entschieden

"Das ganze Dorf wird einbezogen, und es gibt viele Möglichkeiten, miteinander zu sprechen", sagt Bürgermeisterin Maren Storjohann. Derzeit gibt es aber noch einiges zu tun. Nur gut 15 Prozent der Haushalte haben sich bisher für den Vertrag von Unser Ortsnetz entschieden, das neben schnellem Internet auch Fernsehen und Telefon anbietet. Storjohann ist optimistisch, dass es dennoch klappt: "Die Menschen werden in den letzten Wochen, wenn es dem Ende zugeht, ihre Verträge abgeben." Derzeit gebe es eine abwartende Haltung. Zu oft seien die Sether vertröstet worden. Zudem hätten viele Sether sich für die neue Technik LTE entschieden und zögern nun, schon wieder einen neuen Vertrag abzuschließen. Aber selbst wenn der alte Vertrag noch 21 Monate laufe: Wer jetzt unterschreibt, wird mitgezählt und bekommt die Leitung ins Haus. Aktiviert werde sie dann auf Wunsch erst, wenn der alte Vertrag endet, erläutert Schaller.

Er und Storjohann verweisen bei den Gesprächen in der Gemeinde auf die enorme Wertsteigerung für das Leben im Dorf und für die Immobilien. Viele hätten das verstanden, sagt Storjohann. Beispielsweise ein älteres Ehepaar. "Sie haben keine Kinder und nutzen kein Internet", erzählt sie. Aber: Die beiden hätten für die Dorfgemeinschaft den Vertrag abgeschlossen. Andere unterschreiben mit Blick auf die Enkel. Wer nicht zufrieden ist, könne zudem nach zwei Jahren wieder kündigen, ergänzt Schaller.

Nicht nur in Seth, auch in Itzstedt wirbt Unser Ortsnetz aktuell um Kunden. Das Unternehmen wurde vor der Insolvenz von Sacoin von der Deutschen Glasfaser-Gruppe übernommen (das Abendblatt berichtete). Nach Worten von Vertriebsleiter Henning Heinen sind noch mehr Anschlüsse geplant: "Wir wollen gerne den gesamten Kreis Segeberg ausbauen." Zumindest an der Bundesstraße 432 wolle man weiter bauen. Netze in Nahe, Sülfeld, Groß Niendorf und Wahlstedt sind zunächst geplant. Oering und Wakendorf II sind bereits angeschlossen. "Wir legen Glasfaser in jede Wohnung", erläutert Heinen. Das unterscheide sein Unternehmen von Mitbewerbern, die für die letzten Meter zum Kunden meist mit Kupferleitungen arbeiten. Mit ihrer Technik könne Unser Ortsnetz 50 Megabit als Upload- und als Download-Geschwindigkeit garantieren.

Der WZV will vor allem Dörfer im Norden und Osten anschließen

Das Unternehmen aus Oering kommt mit seinem Vorstoß dem Segeberger Wege-Zweckverband (WZV) in die Quere. Dieser hat eine Breitband-Initiative gestartet, in der vor allem Dörfer aus dem Norden und Osten des Kreises Verträge abgeschlossen haben - aber auch Seth und Itzstedt. Verbandsvorsteher Jens Kretschmer gibt sich gelassen: "Unsere Ausschreibung läuft parallel weiter."

Die aktuelle Entwicklung an der B 432 beobachte man interessiert. Derzeit sucht der WZV mit europaweiter Ausschreibung nach einem Anbieter, der die Dörfer anschließen soll. Dieser stehe vermutlich Mitte Mai fest. Noch in diesem Jahr könne in den Gemeinden Daldorf, Negernbötel, Damsdorf, Tensfeld, Tarbek und Schmalensee gestartet werden - wenn dort genügend Interessenten zusammenkommen. Denn auch der WZV wird nur dann bauen, wenn genügend Verträge unterschrieben sind. "Grundsätzlich sind Gemeinden im ländlichen Raum für Unternehmen nicht so interessant", meint er. "Hier sind keine Millionen zu verdienen." Der Verband wolle vor allem die Investitionen refinanzieren, aber eine finanzielle Beteiligung der Gemeinden sei nicht geplant - es sei denn, es gebe Verluste.

Auch dem Unternehmen Unser Ortsnetz müssen die Dörfer nichts für den Anschluss ans schnelle Internet zahlen. Dennoch sieht Itzstedts Bürgermeister Freerk Fischer die Situation mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Er hätte es gerne gesehen, wenn der WZV sein Dorf angeschlossen hätte. Aber der Verband sei einfach zu langsam gewesen. Fischer sagt: "Wir kämpfen seit Jahren um die Breitbandversorgung, und wenn es jetzt klappt, wäre es eine tolle Sache." Zwar werde es schwer, die notwendigen 600 Haushalte im Dorf zu überzeugen, aber es sei machbar.

Auch in Itzstedt werden Multiplikatoren versuchen, ihre Mitbürger zu überzeugen. Sollte es ihnen nicht gelingen, braucht es nach Worten von Fischer auch der WZV nicht zu versuchen: "Es wird ja nicht besser." Der Verband habe einen Fehler gemacht, meint Maren Storjohann. Er hätte nicht im Norden, sondern im Südosten des Kreises mit dem Breitband-Projekt beginnen sollen. Nun ruht der Vertrag mit dem WZV über den Ausbau mit der Gemeinde Seth, zumindest bis das Ergebnis der aktuellen Vertrags-Aktion am 29. Mai verkündet wird.