Angeklagter erinnerte sich angeblich nicht mehr daran, dass seine Fahrerlaubnis 1993 eingezogen worden war

Bad Segeberg. Bei einer Polizeikontrolle im Juni 2012 wurde Andreas W., 43, in Itzehoe ohne Führerschein am Steuer seines Wagens erwischt. Per Strafbefehl wurde der Segeberger zu einer Geldstrafe von 900 Euro und einer Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von sechs Monaten verurteilt. W. legte Rechtsmittel ein und sitzt nun auf der Anklagebank des Segeberger Amtsgerichts. Er gibt zu, das Auto gesteuert zu haben, behauptet aber, er sei im Besitz eines Führerscheins. Den habe er im Umzugsstress nur verlegt. Der zurzeit arbeitslose Maschinenbaumechaniker gibt an, 1988 in Meldorf die Führerscheinprüfung bestanden und den Führerschein danach nie aus der Hand gegeben zu haben.

Richterin Sabine Roggendorf hat recherchiert und bestätigt die bestandene Fahrprüfung. Das Vorstrafen- und Verkehrszentralregister seien leer, aber die Justiz habe ein Elefantengedächtnis, erklärt die Richterin. Ihre Nachforschungen haben ergeben, dass der Angeklagte 1993 seine Fahrerlaubnis verlor, weil er mit einem Pkw unterwegs war, der weder haftpflichtversichert war, noch waren die Steuern für das Fahrzeug bezahlt.

Das Amtsgericht Heide hatte die Fahrerlaubnis für sechs Monate eingezogen. "Das war kein Fahrverbot. Ihr Führerschein war weg, und sie hätten ihn nach Ablauf der Sperre neu beantragen müssen", erklärt die Richterin. W. erinnert sich dunkel an den damaligen Vorgang, ist aber der Überzeugung, den Führerschein damals zurückbekommen zu haben. "Was soll ich denn jetzt tun? Ich brauche den Führerschein", sagt der Angeklagte und wirkt ernsthaft verzweifelt, als ihm die Richterin klar macht, dass er einen neuen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis stellen muss, was nicht ganz billig werden wird.

Die Richterin glaubt dem Segeberger, dass er tatsächlich der Überzeugung war, den Führerschein zu besitzen, also geschah die Tat ihrer Meinung nach nicht vorsätzlich. Deshalb erlässt sie dem Angeklagten die sechsmonatige Sperre und drückt nach eigenen Worten beide Augen zu, indem sie die Geldstrafe auf 300 Euro reduziert.