Nachdenkliches von Wolfgang Klietz

In den vergangenen Tagen habe ich oft ans Ehepaar Bachmann gedacht. Die beiden Senioren wohnen im Haus schräg gegenüber, ich habe sie lange nicht mehr gesehen. Die Bachmanns sind nicht mehr gut zu Fuß, aber für den Weg zur Bushaltestelle oder zum Supermarkt reicht es noch. Sie ist 77 Jahre und geht langsam, er ist mit 85 Jahren auf seinen Rollator angewiesen.

Nie haben die beiden sich beklagt, dass sie nicht schnell vorankommen. "Wir haben ja Zeit", sagen die Bachmanns. Doch jetzt kommen sie kaum noch aus dem Haus, die Wege sind gefährlich geworden. An den ersten Grundstücken kommt das Ehepaar noch vorbei, ohne sich vor einem Sturz fürchten zu müssen. Doch dann ist Schluss. Eine pappige, vereiste Schneedecke liegt auf dem Gehweg.

Ein paar Häuser weiter sieht es nicht besser aus. Auch Tage nach den letzten Schneefällen haben die Bewohner es nicht geschafft, die Rutschbahn zu räumen und zu streuen. Darum bleiben die alte Leute jetzt zu Hause. Der Sohn kommt regelmäßig mit dem Auto vorbei, er kauft die Lebensmittel für seine Eltern. Dass die Nachbarn mit der Rutschbahn vor der Haustür den Bachmanns eine ihrer letzten Freiheiten nehmen, ahnen sie vermutlich nicht.

Am Wochenende habe ich mit dem Sohn der Bachmanns gesprochen. Es ist schon erstaunlich, sagt er. Steht man mit dem Auto zehn Minuten im Parkverbot, muss man zahlen. Sperrt man quasi alte Menschen zu Hause ein, ist es der Gesellschaft egal. Die Bachmanns warten auf den Frühling.