Die mit speziellen Sensoren und Kameras ausgestatteten Einsatzwagen werden ab der kommenden Woche im gesamten Stadtgebiet unterwegs sein.

Norderstedt. Wie viele Schlaglöcher sind auf dem Friedrichsgaber Weg? Und wie tief sind sie? Durch wie viele Abwassersiele läuft auf der Ulzburger Straße das Regenwasser ab und in welchem Zustand sind die Gullys? Wie viele Straßenlaternen, Mülleimer, Bänke, Schilder und Ampeln stehen eigentlich im gesamten Stadtgebiet herum? Weil in der Norderstedter Stadtverwaltung niemand auf all diese Fragen eine ganz exakte Antwort geben kann, hat die Stadt nun die ultimative Straßen-Inventur bei der Berliner Firma Eagle Eye Technologies in Auftrag gegeben. Die mit speziellen Sensoren und zehn Kameras ausgestatteten Einsatzwagen der Berliner werden ab der kommenden Woche im gesamten Stadtgebiet unterwegs sein, um die 300 Kilometer an kommunalen Straßen zu fotografieren und mit Sensoren zentimetergenau zu vermessen.

Nicht wenige werden sich jetzt an die Fahrten der Kamerawagen von Google erinnert fühlen, die für den Online-Dienst Street View in ganz Deutschland (bis auf Schleswig-Holstein) alle Straßenzüge bis in den letzten Winkel abfotografierten und dabei eine große Debatte über Datenschutz auslösten. Unzählige Hausbesitzer ließen ihre Häuser auf den Google-Aufnahmen pixeln, um ihre Privatspähre zu schützen. Hauke Borchardt, Sprecher der Stadtverwaltung, beeilt sich zu erklären, dass die Kameras der Berliner Firma nur nach unten filmen würden, also die Oberflächen der Straße. Daneben noch Lampen, Mülleimer und ähnliches. "Die Aufnahmen werden nicht veröffentlicht und nur an wenigen intern ausgewählten Arbeitsplätzen zum Einsatz kommen", sagt Borchardt.

Die Vermessung des Straßenraumes lässt sich die Stadt einiges kosten. Pro gefahrenen Kilometer berechnet die Firma Eagle Eye 60 Euro, also werden etwa 18.000 Euro an Kosten für die Aktion in Norderstedt zu Buche stehen. Für die Stadtverwaltung gut angelegtes Geld. "Bisher haben wir mit Wegewarten gearbeitet, die im Stadtgebiet unterwegs waren", sagt Borchardt. Doch die könnten längst nicht so detailgenaue Daten liefern wie die Kamerawagen. Mit den Bildern und Messdaten könne die Stadt ihr Straßenkataster fortführen und ein modernes Erhaltungsmanagement für die Straßen einführen. Mitarbeiter des Bauamtes könnten bei der Auswertung der Daten den Zustand der Straßen erkennen und eine sinnvolle Reihenfolge für Sanierungen erstellen. Gespart würden dabei Zeit und Geld für Begutachtungen vor Ort. "Idealerweise wiederholen wir die Aktion alle drei Jahre und haben immer die neusten Vergleichswerte", sagt Borchardt.

Dass es bislang überraschenderweise im Rathaus keinen exakten Überblick über den Zustand der Straßen und die Anzahl der Lampen, Ampeln, Mülleimer und des anderen Inventars gibt, habe organisatorische und historische Gründe, sagt Hauke Borchardt. "Zum einen sind etliche Fachbereiche in unserem Haus mit der Straßenerhaltung beschäftigt. Das macht den Gesamtüberblick schwierig. Außerdem sind wir bei vielen Daten auf die Akten der Ursprungsgemeinden Norderstedts angewiesen - und die fehlen oftmals."

Ein Nebeneffekt der Aktion für die Stadt sei die genaue Wertermittlung des Norderstedter Straßennetzes. Bundesweit greifen viele Kreise, Städte und Gemeinden auf die Dienste von Eagle Eye Technologies zurück, um nach der Einführung der Doppik, des neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens, die exakten Basisdaten zur Zustandsbewertung und Vermögensbilanzierung zu erhalten.

Und Hauke Borchardt kennt noch einen weiteren Anwendungsbereich, der mit den Daten von Eagle Eye kostengünstiger erledigt werden könnte. Wenn städtische Politessen Knöllchen schreiben, gegen die sich später Bürger zu Wehr setzen, könnte dann schnell nachgewiesen werden, dass zum Beispiel auf einem fraglichen Straßenabschnitt tatsächlich eine schraffierte Fläche vorhanden ist oder absolutes Parkverbot herrscht.

Etwa zwei Wochen braucht die Berliner Firma, um alle Daten in den Kasten zu bekommen. Allerdings muss bis zum Einsatz der Wagen der Schnee verschwunden sein. So lange wird sich die Aktion eventuell verzögern. Neben den Kastenwagen, die auf den Straßen im Einsatz sind, werden in den Parks und Grünanlagen Schmalspurfahrzeuge zum Einsatz kommen, die sogar die kleinsten Wege exakt dokumentieren.