Die Aquarien- und Terrarienfreunde des Vereins Stichling Norderstedt hegen und pflegen ihre Fische - und das seit mittlerweile mehr als 30 Jahren

Norderstedt . Es macht Blubb. Ruhig schwimmt der kleine, grün-silbrige Fisch im klaren Wasser zwischen den Algen herum. Es scheint, als schaue er dabei nur dumm auf die Glasscheibe vor ihm. Doch weit gefehlt, er weiß genau, was jetzt kommt. Kleine Futterkrümel schweben von der Wasseroberfläche hinab in das kalte Nass. Und der eben noch so ruhige Fisch wird hektisch und schnappt energisch nach dem Futter - bevor seine Mitbewohner der Aquariums-WG ihm die Leckerhappen wegschnappen.

Günter Lang lächelt, legt die Dose mit dem Fischfutter wieder beiseite und schaut, wie sich die kleinen Fische an der Leckerei erfreuen. Regelmäßig ist der 66-Jährige im Norderstedter Festsaal und kümmert sich mit seinen Vereinskollegen um die Fische in dem knapp drei Meter langen städtischen Aquarium. "Toll, nicht?", sagt Lang. Auf das Aquarium ist der Verein stolz. Denn in dieser Unterwasserwelt, die der Aquarienverein "Stichling" pflegt, haben sie bereits etliche Zuchterfolge verbuchen können.

Fische zu erhalten, das ist kein ganz einfaches Unterfangen. Nachkommen zu züchten, gilt sogar als eine hohe Kunst. "Wenn Sie es einmal schaffen, Nachkommen im Aquarium zu züchten, dann ist das ein tolles Erlebnis", sagt Lang, der derzeit Vorsitzender des Vereins ist. Gretel Liedtke, die als Gründerin der "Stichlinge" die ganze Erfolgsgeschichte dieses Aquariums miterlebt hat, nickt zustimmend. "Das klappt aber auch nur, wenn man wirklich alles richtig macht", sagt sie. Doch daran hapert es bei vielen, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben ein Aquarium zulegen.

Die Aquarianer gestalten eine Kopie eines natürlichen Ökosystems

"Viele wenden sich erst dann an unseren Verein, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist", sagt Lang. Oder besser gesagt: Wenn die Fische schon tot an der Oberfläche entlangtreiben. Deprimiert berichten junge wie alte Aquarienbesitzer den Experten im Verein von ihren missglückten Versuchen, Fische zu halten. Davon, wie sie aus Unwissenheit etwa Pflanzen genutzt haben, die mit den Fischen nicht kompatibel sind. Oder wie sie Meerwasserfische in Süßwasseraquarien gesetzt haben. "Das Problem ist, dass viele in eine Zoohandlung gehen, dann sehen die einen Fisch und sagen, oh, der ist ja schön. Und dann wird der gekauft, auch wenn er gar nicht zu den anderen Fischen oder zum Aquarium passt", sagt Liedtke. Das Fischsterben gibt es dann gratis dazu.

Der Trick, ein funktionierendes Aquarium zu bauen, bestehe darin, eine Kopie eines natürlichen Ökosystems zu schaffen. "Eine Fantasiewelt hat Fischen noch nie gut getan. Sie müssen Fischen, Garnelen, Schnecken und anderen Wasserbewohnern jenes Umfeld bieten, dass sie aus der Natur gewohnt sind," sagt Liedtke. Das fängt bei der Zusammensetzung der Fischgruppen an und geht über die Pflanzen- und Korallenwelt bis zum Wasser. Das muss die richtige Temperatur haben, den richtigen Salz- und Mineraliengehalt und die richtige Menge Sauerstoff.

Es ist eine höchst komplexe Wissenschaft, die sich da auf kleinstem Raum abspielt. Eine unterhaltsame Wissenschaft, der sich die etwa 50 Mitglieder des Vereins täglich widmen. Und das seit fast 33 Jahren. Am 5. Juni 1980 wurde der "Stichling"-Verein von Gretel Liedtke und einer Handvoll Mitstreitern gegründet. Und das eher unfreiwillig. Denn den Norderstedtern war gar nicht in den Sinn gekommen, einen Aquaristikverein zu gründen - bis die Norderstedter Stadtverwaltung Holländer aus Zwijndrecht eingeladen hatte.

Die Holländer gaben einst den Anstoß zur Gründung des Vereins

Die waren alle begeisterte Aquarianer. Und die fragten verwundert, wieso eine Stadt wie Norderstedt eigentlich keinen Aquaristikverein hat. Tja, warum eigentlich nicht, fragten sich die Norderstedter, die sich ein wenig unangenehm berührt fühlten. Damit es nicht noch mal solch einen peinlichen Moment gibt, wenn Besuch aus Holland ansteht, wurde mit Begeisterung der Verein gegründet. Und seitdem ist er fester Bestandteil der Norderstedter Kulturlandschaft.

"Wir haben in der Vergangenheit immer wieder mit Schulen kooperiert, und noch immer werden wir dann und wann in den Biologieunterricht eingeladen, wenn es um Fische und Ökosysteme geht", sagt Lang. Die Besuche hatten ihre Wirkung: Kinder und Jugendliche fanden Gefallen an den Aquarien, nicht wenige besorgten sich eines für ihr Heim. Der Verein gründete daraufhin auch eine Jugendgruppe. "Die haben wir inzwischen aber wieder aufgegeben", sagt Lang. Mit der Umgestaltung der Schulen zu Ganztagesschulen fanden die Kinder keine Zeit mehr für das Vereinsleben. Verloren sind die jungen Aquarianer für Lang aber dennoch nicht. "Die kommen bestimmt alle wieder. Das war schon immer so, dass die Jugend mal da und wieder weg ist", sagt er. Bei ihm war es nicht anders.

Als Kind hatte er ein kleines Aquarium, in dem Goldfische umher schwammen. Irgendwann in der Jugendzeit ließ das Interesse nach, neue Hobbys und Freunde beanspruchten seine Aufmerksamkeit. Erst Jahre später fand er wieder zurück zu den Aquarien - wie so viele im Verein. "So mit etwa 35, 40 Jahren kommen sie alle wieder in den Verein", sagt Lang.

Und dann geht es richtig zur Sache. Dann arbeiten sich die Aquarianer in ihr Hobby hinein, beginnen, sich zu spezialisieren. Viele haben zu Beginn Süßwasseraquarien, nicht wenige wenden sich später aber der Herausforderung eines Meerwasseraquariums zu. "Das ist empfindlicher und erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit", sagt Lang. Zwar habe die moderne Technik, die es inzwischen gibt, es deutlich einfacher gemacht, Salzwasserfische im Aquarium großzuziehen, dennoch sei ein Meerwasseraquarium nichts, was man "so nebenbei" machen könne. Lang hat selbst eines, und das bereits seit 23 Jahren. Und seine Fische - wie auch die dazugehörigen Korallen - züchtet er natürlich selbst.

Der zuweilen erhobene Vorwurf, dass Aquarien ethisch in Zeiten des voranschreitenden Fischsterbens nicht vertretbar seien, fördert nur noch ein Schmunzeln in Langs Gesicht. "Früher mag das zugetroffen haben. Inzwischen werden aber fast gar nicht mehr Fische aus der freien Natur benutzt. Praktisch alle Aquarienfische sind heutzutage Züchtungen", sagt er. Diese Fische seien auch viel besser als jene aus der freien Wildbahn. Sie seien resistenter, weniger Stress ausgesetzt und ans Leben in Aquarien gewöhnt. Und auch die Pflanzen des Ökosystems werden in Eigenregie gezüchtet. Algen, Plankton und andere Wasserpflanzen kommen immer mehr aus den Glasbecken der Aquarianer. "Wir sind inzwischen fast komplette Selbstversorger", sagt Lang nicht ohne Stolz.

Der Verein hält engen Kontakt zu Forschungsinstituten

Das es soweit gekommen ist, hat auch damit zu tun, dass sich die Fischfreunde immer stärker über die Entwicklungen in der Meeresbiologie informieren und engen Draht zu Forschungsinstituten halten. Lang organisiert mit dem Vereinsvorstand regelmäßig Informations- und Vortragsabende mit Fachexperten, die über die neuesten Erkenntnisse informieren. Und die sind für Aquarienbesitzer von Bedeutung. "Das Interesse an den Vorträgen ist groß. 300 bis 400 Leute kommen zu unseren Veranstaltungen", sagt Lang. Ein Ergebnis, das ihn zufrieden stimmt. Denn es zeigt, dass der Verein und dessen Arbeit nach wie vor von den Bürgern gut angenommen wird.

Und wie viel kostet nun der ganze Aquarienspaß? "Das kommt ganz darauf an. Von bis, kann man sagen", sagt Gretel Liedtke. Ein einfaches Glasbecken gebe es bereits günstig. Wenn die Kanten abgeschliffen sein sollen, wird es aber gleich sehr viel teurer. Dann kommen die Kosten für die Technik dazu, Wasserpumpen, computergesteuerter Futterautomat, Beleuchtung, Pflanzen, Fische und was sonst noch alles in das Biotop gehört. Ein größeres Aquarium kann, wenn der Anspruch entsprechend hoch ist, schnell bis zu 7000 Euro kosten. "Es geht aber auch sehr viel billiger", sagt Liedtke. Ein kleines Aquarium mit einem Goldfisch, so wie vor 50 Jahren, sei auch heute noch ein guter Start in die Erforschung der Unterwasserwelt.

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen in unserer Serie "Mein Verein . . ." den Skatverein Glashütter Markt vor.