Ein brennender Topf sorgt für eine turbulente Jahreshauptversammlung der Norderstedter Feuerwehr

Norderstedt. Feuerwehrleute sind immer im Dienst. Ganz egal, ob sie gerade unter dem Weihnachtsbaum sitzen oder eben am Freitagabend bei der Jahreshauptversammlung der Gemeindewehr Norderstedt im Feuerwehrhaus Friedrichsgabe an der Ulzburger Straße. Kaum hatten die 158 Kameraden unter dem Vorsitz von Gemeindewehrführer Niels Ole Jaap die ersten Punkte der Tagesordnung abgehakt, da schrillten die Meldeempfänger der Feuerwehrleute. Vollalarm in der Mittelstraße in Norderstedt: Brand in einer Wohnung, ein Mann in Gefahr, eine Frau und ein Kind vermisst. Uniformjacke aus, Schutzjacke an, Atemschutzgerät aufschultern und Maske auf, hieß es nun für mehr als 20 Kameraden, die im Laufschritt die Halle verließen. Später musste die komplette Garstedter Wehr hinterher.

Vor Ort retteten die Kameraden über eine Steckleiter einen Mann vom Balkon seiner völlig verrauchten Wohnung. Er war auf dem Sofa eingeschlafen, während in der Küche ein Topf mit Essen auf dem eingeschalteten Herd für ordentliche Rauchentwicklung sorgte. Der Mann musste mit einer Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus. Die zunächst vermisste Frau und das Kind waren nicht zu Hause.

Wehrführer Jaap schien sich über den Einsatz vor den Augen der Landrätin Jutta Hartwieg und des Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote zu freuen: "Bei dieser turbulenten Versammlung haben wir heute unsere Zusammengehörigkeit und Flexibilität unter Beweis gestellt - und, dass wir gut zusammenhalten, wenn es darauf ankommt!" Die erste Hauptversammlung, die Jaap nach der Übernahme seines Amtes von Vorgänger Joachim Seyferth leitete, wurde so gleich zu einer besonderen. In seinem Bericht über das Feuerwehrjahr 2012 ging Jaap zunächst auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen aller vier Wehren in Norderstedt ein. 290 Feuerwehrfrauen und -männer leisten aktiv Dienst in den Wehren. Das sind 17 Kameraden weniger als noch zum Jahresende 2011. Jaap: "Gerade die jungen Menschen, die am Anfang ihres beruflichen Lebens stehen, müssen für den Job oder das Studium den Wohnort wechseln, teilweise sogar ins Ausland. Oder sie haben ein Arbeitspensum von über 45 Wochenstunden." Für das Engagement im ehrenamtlichen Brandschutz bleibe da immer weniger Zeit. Trotzdem konnten bis Ende Dezember bereits sechs neue Kameraden gewonnen werden.

Die Norderstedter Wehren mussten im vergangenen Jahr zu 783 Einsätzen ausrücken, exakt so viele wie im Jahr 2011. Darunter waren 358 Brandeinsätze, 399 Einsätze im Bereich der Technischen Hilfeleistung, und 26-mal wurden Feuerwehrleute im vorbeugenden Brandschutz eingesetzt. "80 Personen wurden durch uns gerettet. Leider kam in 14 Fällen auch die Hilfe der Feuerwehr zu spät", bilanzierte Jaap.

Ausgelöste Heimrauchmelder machen mit 83 Alarmierungen einen Großteil der Einsätze aus. 48-mal war auch tatsächlich ein Feuer der Grund für die Meldung. "Wir müssen immer häufiger wegen der Unachtsamkeit der Bürger ausrücken", sagt Jaap. Das brennende Essen im Herd oder im Kochtopf in der Küche - so, wie exemplarisch am Abend der Versammlung in der Mittelstraße. "Durch unseren Einsatz bleibt es bei Entstehungsbränden. Außerdem werden oft Menschenleben dabei gerettet."

Niels Ole Jaap betonte in seiner Rede, wie gut das System der Hilfeleistung für die Bürger in Norderstedt und in ganz Deutschland sei. "Unentgeltlich, freiwillig und selbstlos engagieren sich Bürger Tag und Nacht, um Hilfe zu leisten", sagt Jaap. Der Blick ins europäische Ausland zeige, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Jaap: "In Griechenland zum Beispiel gibt es ländliche Regionen, in denen ein gesetzlicher Anspruch auf Hilfe nicht existiert. In England sind Eintreffzeiten der Feuerwehr innerhalb von 60 Minuten nach Notrufeingang keine Seltenheit."

Nachdem Kameraden Jaap und den Vorstand entlastet hatten, standen Wahlen an. Mit Julia Bade, 33, wurde zum ersten Mal eine Frau zur Schriftführerin der Norderstedter Wehr gewählt. "Mein Opa Günther Sager wäre stolz auf mich", sagte Bade. Opa Sager war nämlich der erste Gemeindewehrführer in Norderstedt.

Matthias Heggblum (Feuerwehr Friedrichsgabe), Shawn Kleese (Harksheide) und Stefan Kruse sollten eigentlich für besondere Verdienste um die Wehr geehrt werden. Doch leider kam der Einsatz in der Mittelstraße dazwischen - was den Vollblut-Feuerwehrleuten aber nichts ausmachte. Schließlich wurde Rainer Brumm aus Glashütte vom stellvertretenden Kreiswehrführer Rolf Gloyer zum Oberlöschmeister befördert.