Die Norderstedterin Hélène Ericke belegt bei dem lyrischen Wettstreit “Versschmuggel“ einen der vorderen Plätze

Norderstedt. Hélène Ericke ist Französin, lebt seit fast 20 Jahren mit ihrem Mann in Norderstedt - und sie hat einen Traumberuf: Sie arbeitet als Dolmetscherin und Übersetzerin. Ihrem Job hat es Hélène Ericke zu verdanken, dass sie jetzt bei einem Wettbewerb weit vorne gelandet ist. Bei "Versschmuggel", einem lyrischen Wettstreit, zu dem der Fernsehsender Arte und die Literaturwerkstatt Berlin aufgerufen hatten, belegte sie einen der ersten vier Plätze. Hélène Ericke und die anderen Teilnehmer mussten das Gedicht "Tagesmutter" von Tom Schulz oder "Je, cheval" von Albane Gellé neu gestalten - als klassische Übersetzung, als Tondokument oder als Videoclip.

Die 47-jährige Norderstedterin schickte ihre Übersetzung mit dem Titel "Mère de jour" zu der deutsch-französischen Jury. Ihr Text kam - zur Überraschung der Autorin - sehr gut an: "Es hat lange gedauert, bis sich die Jury gemeldet hat. Ich hatte schon keine Hoffnung mehr, natürlich freue ich mich sehr. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man merkt, dass die Arbeit auch anderen gefällt", sagt die Französin.

Insgesamt haben sich 120 Autoren an dem Wettbewerb, der begleitend zum "poesiefestival berlin" im Juni 2011 entstand, beteiligt. Die Norderstedter hatte "nur so aus Spaß mitgemacht". Hélène Ericke studierte Germanistik mit dem Schwerpunkt Kulturgeschichte in Straßburg - mit Lyrik kannte sich die 47-Jährige bisher nicht besonders gut aus: "Das Gedicht von Tom Schulz hat sehr viele Personalpronomen und lässt viel Raum für Interpretationen", sagt sie. Die Übersetzung sei ein "Reifeprozess" gewesen. "Man braucht immer einen Tag Pause, um über das Geschriebene nachzudenken", betont Hélène Ericke, für die schon früh feststand, Übersetzerin zu werden. "Ich wollte meine Muttersprache mit der deutschen Sprache verbinden und als Vermittlerin zur Kommunikation der Menschen beitragen", sagt sie.

Doch bis dahin war es ein weiter Weg. 1999 legte sie die Prüfung zur staatlichen Übersetzerin an der Industrie und Handelskammer Dortmund ab. Darüber hinaus arbeitet sie als Dolmetscherin, und sie darf auch offizielle Urkunden, beispielsweise bei Gericht, übersetzen. Im November 2011 konnte sie ihr Können in Norderstedt unter Beweis stellen, als der Bürgermeister der französischen Partnerstadt Maromme die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Wittmoor besuchte. "Vor solchen Veranstaltungen muss ich mir bestimmte Fachausdrücke vorher noch einmal anschauen", beschreibt sie ihre Arbeitstechnik.

Zurzeit übersetzt die Norderstedterin übrigens ein ganz besonderes Buch ins Französische: "Huhn in Handschellen" ist ein Kochbuch, das die Gefangenen der Hamburger Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel geschrieben haben.