Der Streit zwischen den Gewerbetreibenden am Schmuggelstieg und der Stadtverwaltung eskaliert. Die Lage der Händler ist schwierig.

Norderstedt. Massive Umsatzrückgänge um bis zu 50 Prozent, leer stehende Geschäfte und jede Menge Baustellen: Die Lage der Händler im Einkaufsquartier Schmuggelstieg ist schwierig bis prekär. Und einen Schuldigen für die Misere haben die Gewerbetreibenden bereits gefunden. Die Stadtverwaltung Norderstedt. Goldschmied Thomas Weidemann: "Ich habe den Eindruck, dass die Stadt alles tut, um uns plattzumachen." Er und die anderen Händler am Schmuggelstieg werfen der Stadt vor, mit einer unverantwortlichen und katastrophalen Baustellen-Planung die Kunden am Ochsenzoll zu vergraulen.

Der Vorwurf ist nicht neu. Genau genommen wird er von den Händlern seit dem Beginn der Bauarbeiten im Februar 2009 an der "Jahrhundertbaustelle" am Knoten Ochsenzoll erhoben. Bei der Stadtverwaltung hat man jetzt aber genug von den Vorwürfen aus Richtung Schmuggelstieg. "Wir haben kein Verständnis mehr für die Reaktionen dort. Das Ende der Diskussion ist erreicht. Die Händler müssen schauen, wie sie in ihrem Quartier zurechtkommen", sagt Stadtsprecher Hauke Borchardt. Das Tuch zwischen den Parteien scheint zerschnitten.

Bei den Händlern liegen die Nerven blank. Was sie derzeit auf die Palme bringt, ist die Verkehrsregelung am Ochsenzoll und in der Straße am Tarpenufer. Am Knoten ist derzeit das Abbiegen von der Segeberger Chaussee auf Hamburger Stadtgebiet nicht möglich. Gleichzeitig haben die Stadtwerke am Tarpenufer eine Grube aufgerissen und die Straße zu Sackgasse gemacht. Der Auftakt für die Neuverlegung einer Wasserleitung, die bis August dauern wird. Die alte Leitung drohe zu bersten, heißt es bei der Stadt. "Wer am Schmuggelstieg einkauft, kommt mit dem Auto nicht mehr in Richtung Hamburg weg. Wir können nicht fassen, dass die Stadt solche Arbeiten nicht zeitlich entzerrt, damit wir hier nicht noch mehr Probleme haben", sagt Thomas Weidemann. Seine Frau Bettina ergänzt: "Schmuggelstieg gleich Baustellenchaos - das haben die Kunden in den Köpfen. Wenn sie jetzt angefahren kommen und das hier erleben, bleiben sie ganz weg."

Vom Umsatzeinbruch bis zur Insolvenz ist es oft nur ein kleiner Schritt

Und das spüren alle Händler im Quartier. Sigfrid Thiel von Uhren Seubert antwortet auf die Frage, wie hoch die Umsatzeinbußen seien: "Nun, etwa 50 Prozent?" Barbara Schaffer von Level One, ironisch: "Ich bin in diesen Tagen zehn Jahre am Schmuggelstieg. Zum Jubiläum habe ich heute 13 Euro in der Kasse." Auch bei Tatjana Denk von der Budnikowsky-Filiale sinken die Umsätze seit dem Beginn der Ochsenzoll-Baustelle kontinuierlich. Buchhändler Tobias Mährlein ist FDP-Stadtvertreter und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Ochsenzoll. Er gibt zu bedenken, dass es für einen Einzelhändler "von einem Umsatzeinbruch um 10 Prozent nicht mehr weit bis zur Insolvenz ist". Die Margen seien äußerst gering im Einzelhandel. Mährlein sagt, dass die Frequenz der Laufkundschaft am Schmuggelstieg quasi völlig zum Erliegen gekommen ist. "Dabei passiert derzeit auf der Baustelle am Tarpenufer gar nichts. Man müsste nur die Baken wegnehmen, und die sonst üblichen 8000 Fahrzeuge am Tag könnten hier wieder rollen", sagt Mährlein. "Wir sind hier bald die kundenfreie Zone Schmuggelstieg. Und die Kunden, die noch kommen, werden dafür bestraft", sagt Heydolf Waldschmidt von der Boutique Chiri Biri sarkastisch.

Die Stadtverwaltung lehnt die Verantwortung für die Umsatzrückgänge am Schmuggelstieg ab und sieht sich Handlungszwängen ausgesetzt. "Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass die Ochsenzoll-Kreuzung vor dem Winter fertig gewesen wäre. Aber bei Großprojekten kann es immer wieder unvorhergesehene Verzögerungen geben", sagt Hauke Borchardt. Bei der Wasserleitung am Tarpenufer handle es sich um einen Notfall, der keinen Aufschub duldet. "Acht Kastanien stehen auf der alten 20-Zentimeter-Leitung und haben sie beschädigt. Wenn wir warten, kann sie bersten, und es kommt zu massiven Unterspülungen, in denen Autos oder Fußgänger verschwinden", sagt Borchardt. Dass derzeit auf der Baustelle Ruhe herrsche, dafür sei der Wintereinbruch verantwortlich. "Und für den können wir nun wirklich nichts."

Die Verkehrsumstellungen habe die Stadt mit der IG Ochsenzoll und den Händlern am Schmuggelstieg abgestimmt. "Es ärgert uns, wenn wir ständig versuchen, den Dialog mit den Händlern zu führen und dann im Nachhinein Nackenschläge bekommen", sagt Borchardt. Die Stadt habe sich bei der Förderung des Einkaufsquartiers am Schmuggelstieg nichts vorzuwerfen, sagt Borchardt. In den vergangenen Jahren habe die Stadt an die zwei Millionen Euro für die Umgestaltung der Straße und die Standortförderung des Quartiers ausgegeben. Summen, wie sie in anderen Nahversorgungszentren in der Stadt nicht investiert worden seien, so Borchardt.

"Das meiste investierte Geld hat sich die Stadt doch bei den Grundeigentümern im Viertel wieder zurückgeholt", sagt Bettina Weidemann. "Wir Händler haben acht Jahre für die Aufwertung unseres Quartiers gekämpft. Aber wir hatten bisher noch keine Zeit, den Umbau wirklich zu genießen. Weil die Stadt uns eine Baustelle nach der anderen verpasst."