Ein Winterlied von Claudia Eicke-Diekmann

Nenas helles Stimmchen war ein Soundtrack meiner späten Jugend. Wir erinnern uns an ihren Hit "99 Luftballons", bis heute international einer der erfolgreichsten Popsongs in deutscher Sprache. Wir erinnern uns auch an Nenas Auftritt beim Konzert für Berlin, drei Tage nach dem Fall der Mauer. Sie sang "Wunder gescheh'n", und ich war danach ganz taumelig.

1997 brachte Nena eine CD mit dem Titel "Nenas Weihnachtsreise" auf den Markt. Eines der Lieder daraus sollte zum Soundtrack der Kindheit meiner Töchter werden. Denn mit der ersten Strophe pflegte ich die kleinen Mädchen zu wecken, wenn es über Nacht geschneit hatte. Die Folge des morgendlichen Mama-Ständchens waren schnell aufklappende, glänzende Kinderaugen und zwei Mädchen, die nicht schnell genug aus den Bettchen und in die wattierten Schneeanzüge kamen. Ich erinnere heute nur den Refrain: "Es schneit, hurra, hurra, es schneit. Die Welt hat jetzt ein neues Kleid. Hat der Winter gut gemacht. So viel Schnee, welch eine Pracht", wobei ich die letzte Zeile - ich bemerkte es erst jetzt bei der Recherche für diese kleine Glosse - stets falsch verstand und daher über all die Jahre laut "So viel Schnee in einer Nacht" sang.

Gestern Morgen schaute ich aus dem Fenster und erblickte eine wunderschöne Welt im weißen Kleid. Ich hüpfte aus dem Bett, in meinem Kopf sprang eine automatische Musikmaschine an. "Es schneit, hurra, hurra..." Laut singend passierte ich die Zimmertüren meiner Töchter. Irgendetwas muss sie gestört haben, an diesem Märztag um 7 Uhr in der Frühe. Fast zeitgleich trafen mich zwei dicke Kissen mit voller Wucht. Eins am Kopf und eins an der Hüfte. Ich war danach ganz taumelig.